Zeichnen lernen: Schritt-für-Schritt-Anleitung
Hallo an alle und willkommen bei Dessindigo!
Wenn Sie hier sind, haben Sie sich wahrscheinlich entschieden, mit dem Zeichnen zu beginnen oder wieder einzusteigen. Vielleicht zögern Sie auch noch, es zu lernen.
Die Vorteile des Zeichnens
Zeichnen ist eine Form des Ausdrucks, die fast universell verständlich ist. Man kann damit eine Botschaft an die ganze Welt übermitteln – ohne deren Sprache zu sprechen. Außerdem ist es eine hervorragende Lernmethode: Wenn man etwas zeichnet, muss man es verstehen – selbst bei einem einfachen Schema. Zeichnen hilft, Ideen konkret auf Papier zu bringen und sichtbar zu machen.
Möchten Sie zum Beispiel die Dekoration Ihres Wohnzimmers ändern oder Ihre Frisur radikal wechseln? Dann können Sie dies zunächst zeichnerisch ausprobieren, um eine klarere Vorstellung zu bekommen – und feststellen, ob es nur in Ihrem Kopf gut aussieht oder auch in der Realität.
Das Zeichnen erfordert zudem eine besondere innere Haltung: eine Mischung aus Hingabe, Willenskraft, Neugier und Demut. Man muss offen für Kritik sein, akzeptieren, dass weder man selbst noch die eigenen Werke perfekt sind, und stets bereit sein, sich zu verbessern. All das fördert Offenheit, die Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen, und den Wunsch, sich weiterzuentwickeln.
Ob bereits fortgeschritten oder kompletter Anfänger – Zeichnen wird wie jede andere Disziplin von bestimmten Regeln und Prinzipien geleitet, die man kennen, verstehen und beherrschen sollte, um effektiv zu lernen. Zugleich ist es für alle zugänglich – unabhängig vom Alter.
Die 3 goldenen Regeln des Zeichnens
Das Erlernen jeder Disziplin verläuft in drei wesentlichen Schritten: Beobachtung, Verständnis und Praxis.

Zur Veranschaulichung ein Vergleich mit Rezepten:
Beobachtung: Sie möchten ein Rezept umsetzen. Zuerst müssen Sie wissen, wie das Gericht aussehen und schmecken soll, und welche Zutaten benötigt werden.
Verständnis: Sie lernen die Zubereitungsschritte und die Logik dahinter – warum bestimmte Zutaten getrennt vorbereitet werden oder warum man etwas kühlt oder scharf anbrät.
Praxis: Auch wenn Sie das Rezept perfekt im Kopf haben – Routine kommt nur durchs Machen. Je öfter Sie es wiederholen, desto leichter und schneller geht es Ihnen von der Hand.
Beim Zeichnen ist es genauso. Wenn Sie etwas nicht verstehen, sieht man es. Selbst ein Laie erkennt, wenn „etwas nicht stimmt“.
Beobachtung
Wenn man das auf das Zeichnen überträgt, bedeutet es: Man muss genau wissen, was man darstellen möchte – und sollte nicht zögern, dafür Foto-Referenzen in Büchern oder im Internet zu suchen oder passende Videos anzusehen. Möchten Sie beispielsweise ein Fahrrad zeichnen, betrachten Sie genau, wie es aussieht und wie es aufgebaut ist. Welche Teile gibt es, wie sind sie miteinander verbunden, und welche Proportionen haben sie?
Die meisten Profis arbeiten regelmäßig mit Fotoreferenzen. Wenn sie darauf verzichten, liegt das meist daran, dass sie ein Motiv schon so oft gezeichnet haben, dass sie es auswendig kennen.
Ich selbst brauche zum Beispiel kein Modell, um eine menschliche Figur zu zeichnen. Muss ich jedoch eine Katze darstellen, sammle ich zunächst Fotos aus verschiedenen Perspektiven, um ihren Aufbau zu verstehen. Erst dann zeichne ich sie so, wie ich es möchte – oft, indem ich verschiedene Bildeindrücke in meiner Vorstellung kombiniere.
Wie beim Kochen gilt auch hier: Je öfter Sie ein „Rezept“ wiederholen, desto schneller und sicherer werden Sie – bis Sie es fast „mit geschlossenen Augen“ beherrschen.
Zögern Sie also nicht, Foto- oder reale Referenzen zu nutzen, wenn Sie unsicher sind. Versuchen Sie dabei immer, die Struktur und Funktionsweise Ihres Motivs zu verstehen.
Weitere Tipps zur Arbeit mit Fotoreferenzen und zum Anlegen eines persönlichen Inspirationsarchivs finden Sie im Kurs - Inspiration nur einen Klick entfernt!
Verständnis
Bevor Sie den Stift ansetzen, sollten Sie genau wissen, was Sie zeichnen werden. Bleiben wir beim Beispiel Fahrrad:
Wo ist die Kette angebracht – und warum dort? Wie ist der Lenker mit dem Rahmen verbunden? Wie dreht er sich? Wie groß sind die Räder?
Indem Sie sich solche Fragen stellen, trainieren Sie Ihre Neugier und entwickeln ein Verständnis für die Logik hinter der Form und Funktion eines Objekts.
Praxis
Beim Zeichnen gilt: Lieber täglich ein bisschen als einmal im Monat stundenlang.
Es ist wie beim Sport – regelmäßiges, kurzes Training bringt mehr Fortschritt als seltene Marathonsessions.
Ein persönliches Beispiel: Früher habe ich Vogelflügel „frei aus dem Kopf“ gezeichnet – das Ergebnis war… sagen wir mal kreativ. Heute arbeite ich mit Fotoreferenzen und verstehe dadurch den Aufbau viel besser. Das macht die Zeichnungen deutlich überzeugender.

Übung
Bitten Sie eine Freundin oder einen Freund, Ihnen zehn Alltagsgegenstände zu nennen (z. B. Fahrrad, Zahnbürste, Telefon).
Zeichnen Sie diese aus dem Gedächtnis – ohne vorher nachzusehen.
Vergleichen Sie Ihre Zeichnungen danach mit den echten Gegenständen.
Die Stellen, bei denen Sie ins Grübeln geraten, zeigen, wo Sie genauer beobachten sollten. Ein gutes Zeichenvermögen ist immer auch ein gutes Beobachtungsvermögen.
Wenn Sie weitere Übungen möchten, gibt es einen eigenen Artikel dazu: Zeichenübungen für Anfänger.
Geduld
Es ist verlockend, sofort ein Meisterwerk schaffen zu wollen – doch wie beim Kochen beginnt man nicht mit einer Croquembouche, sondern mit Keksen.
Im Zeichnen bedeutet das: Erst die Grundlagen festigen, dann die Schwierigkeit steigern.
Wichtige Grundlagen sind:
Proportionen – egal ob Figur oder Objekt: Stimmen sie, wirkt das Bild glaubwürdig.
Perspektive – wirkt anfangs einschüchternd, bringt aber enorme Tiefe in jede Zeichnung.
VIDEO ANSEHEN: Was ist Perspektive?

Aussagekraft – ein Bild, das etwas erzählt, kann stärker wirken als ein technisch perfektes, aber inhaltsleeres.
Danach kommen Themen wie Bildtiefe, Tonwerte, Anatomie, Licht & Schatten, Komposition und Farbgestaltung.

Material
Das Werkzeug macht nicht den Künstler.
Sie können mit Papier, Bleistift und Radiergummi anfangen. Hochwertiges Material kann Freude bereiten, ist aber keine Voraussetzung. Manche schwören auf den Kugelschreiber – nutzen Sie, womit Sie am besten arbeiten können.
Wie schnell kann man im Zeichnen Fortschritte machen?
Das fragt ihr euch bestimmt alle – und ehrlich gesagt: Es hängt ganz von euch ab.
Wenn ihr Anfänger seid, werdet ihr euch in der Regel schneller entwickeln als jemand, der schon erfahrener ist. Und meistens verläuft dieser Fortschritt in Stufen:
Ihr habt plötzlich einen Aha-Moment, versteht ein bestimmtes Prinzip – und sofort wirken eure Zeichnungen deutlich besser. Danach kommt oft eine Phase der Stagnation, bis zum nächsten Aha-Moment … und so weiter.
Euer Fortschritt hängt auch stark von der theoretischen Arbeit ab, die ihr investiert. Beobachtung und Verständnis sind entscheidend.
Wenn ihr nicht versucht zu verstehen, was ihr zeichnet, wird das nicht nur sichtbar – ihr werdet auch auf der Stelle treten.
Fordert euch heraus, bleibt neugierig! Ihr werdet eine Menge Dinge entdecken, die euch vorher gar nicht aufgefallen sind:
wie der Stoff auf dem Sofa fällt, wie sich das Licht in einer Pfanne spiegelt, oder wie viele Farbnuancen in den Blättern eines Baumes stecken.
Mit der Zeit werdet ihr die Welt um euch herum neu sehen – und neugierig auf alles werden, was euch begegnet.
Eine allgemeingültige Zeitabschätzung für Fortschritt gibt es nicht.
Das liegt daran, dass jede Person andere Voraussetzungen mitbringt:
- Unterschiedliche Startniveaus
- Unterschiedlich viel Zeit fürs Zeichnen
- Unterschiedliches Verständnis für Konzepte (die berühmten Aha-Momente!)
-Unterschiedliche thematische Schwerpunkte
Wenn ihr Beispiele für künstlerische Entwicklung sehen wollt, lohnt sich ein Blick auf die sogenannten Improvement Memes oder Draw This Again-Challenges.
Beim Improvement Meme stellt man eine ältere Zeichnung einer aktuellen gegenüber – oder zeigt mehrere Werke aus aufeinanderfolgenden Jahren, um den Fortschritt zu dokumentieren.
Bei Draw This Again wählt man eine mindestens ein Jahr alte Zeichnung aus und zeichnet sie erneut, um die Veränderungen sichtbar zu machen.
Hier ein Beispiel aus meiner eigenen Arbeit:
Bis 2009 habe ich als Autodidakt gezeichnet – oft mit längeren Pausen. Ich nutzte weder Farbe noch aufwändige Dekoration, zeichnete hauptsächlich Figuren, ohne große Komposition und mit wenigen erzählerischen Elementen.
Ab 2009 nahm ich Unterricht – und meine Entwicklung beschleunigte sich deutlich: Anatomie, Perspektive, Farben.
Trotzdem dauerte es bis 2014, bis ich meinen Illustrationen gezielt Geschichten gab.
Man sieht in dieser Zeit nicht nur technisches Wachstum, sondern auch stilistische Veränderungen.
Auch nach dem Ende meiner Kurse im Jahr 2014 habe ich weiter dazugelernt – neue Einsichten, neue Ansätze, und meine Entwicklung geht bis heute weiter.




Zeichenkurse
Das ist der Vorteil von Kursen: Man kann zwar jede Disziplin auch autodidaktisch erlernen, doch im Allgemeinen wird der Lernprozess durch den Besuch von Kursen oder eine passende Ausbildung deutlich gefördert. Denn man erleichtert Ihnen nicht nur die Arbeit, sondern zwingt Sie auch, Themen anzugehen, die Sie alleine vielleicht nie bearbeitet hätten (zum Beispiel zufällig die Perspektive :D).
Kurse ermöglichen gezielte Übungen, die Schritt für Schritt im Schwierigkeitsgrad ansteigen und dabei Ihre Grundlagen festigen. Selbst ein kurzer Unterrichtszeitraum kann Ihre Selbstlernmethode nachhaltig verändern und Ihnen anschließend ermöglichen, auch ohne Lehrkraft kontinuierlich Fortschritte zu machen.
Die Regelmäßigkeit - der Schlüssel zum Erfolg
Schon wenige Minuten pro Tag können einen enormen Unterschied machen – selbst 15 bis 20 Minuten täglich reichen aus, wenn Sie sich voll konzentrieren und die drei goldenen Regeln befolgen: Beobachten, Verstehen, Üben.
Mit regelmäßiger Praxis entwickeln Sie Automatismen, schärfen Ihren Blick und vertiefen Ihr theoretisches Wissen. Dinge, die anfangs schwierig wirken, werden schnell zur zweiten Natur.
Ihr Start: Der Kurs Grundlagen des Zeichnens
Unter der Anleitung meines Kollegen Grégoire lernen Sie Schritt für Schritt alles, was Sie für eine gelungene Illustration brauchen:
- Auswahl des richtigen Materials
- Optimale Körperhaltung
- Motivation langfristig halten
- Bildkomposition & Perspektive
- Proportionen von Figuren
- Werte & Schraffur
Zu jeder Lektion gibt es kleine Übungen mit Korrekturen, damit Sie sicher sind, die Inhalte wirklich verstanden zu haben.
Für alle, die mehr wollen:
Im Blog finden Sie viele Schritt-für-Schritt-Anleitungen zu Tieren, Pflanzen, Charakteren, Landschaften und vielem mehr. Außerdem gibt es Tipps zu den besten Zeichensoftwares und empfohlenen Farben.
Also: An die Stifte – und los geht’s!
Illustratorin und Autorin: Rakjah

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