Wie man mit einem Kugelschreiber zeichnet
Zeichnen mit dem Kugelschreiber ist eine weitverbreitete Praxis, die man häufig in der Kunstschule lernt. Der große Unterschied zum Bleistift: Man kann nicht zurückgehen oder radieren. Der Kugelschreiber verzeiht keine Fehler – er verlangt Genauigkeit, Sorgfalt und Selbstsicherheit. Genau deshalb ist das Zeichnen mit dem Stift ein hervorragendes Training: Es schärft Ihre Linienführung und stärkt Ihr Vertrauen in den eigenen Strich. Üben Sie regelmäßig, wird der Radiergummi bald nur noch eine ferne Erinnerung sein…
Ich empfehle diese Übung allen, die bereits über ein wenig Zeichenerfahrung verfügen. Für absolute Anfänger kann der direkte Einstieg mit dem Kugelschreiber frustrierend sein – noch fehlt die Sicherheit, und kleine Fehler wirken schnell entmutigend. Falls Sie gerade erst lernen zu zeichnen, lohnt sich ein Blick in unseren Blogartikel „Zeichnen lernen – wie fange ich an?“.
Für Einsteiger rate ich, in einem kleinen Skizzenbuch mit einem einfachen Kugelschreiber alltägliche Szenen festzuhalten – Objekte, Menschen auf der Straße oder Mitreisende im Zug. Machen Sie sich keine Gedanken über Perfektion – diese kleinen Skizzen dienen rein dem Üben, nicht der Präsentation. Falls Sie Inspiration suchen: Im Artikel „5 einfache Zeichnungen für Anfänger“ finden Sie passende Ideen!
In diesem Beitrag erstellen wir zwei Zeichnungen mit zwei unterschiedlichen Stifttypen. Die erste Arbeit wird Schattierungen enthalten, die zweite wird in klaren Schwarz-Weiß-Flächen gehalten, im Stil eines Ausmalbildes.
Doch bevor es losgeht, stelle ich Ihnen die verwendeten Stifte vor:

- Die erste Zeichnung wird mit einem einfachen schwarzen Kugelschreiber gemacht, ohne besonders hervorzuheben.
Mit diesem Stift ist es möglich, viele Nuancen zu erhalten und einen ziemlich weichen Übergang von Schwarz zu hellem Grau zu erreichen.
- Die zweite Zeichnung wird mit zwei Stiften gemacht:
Ein Pigma Micron Stift Größe 03 in Schwarz für die Umrisse und ein schwarzer Pilot Twin Marker für die Füllung.
Der Micron wird oft von Illustrations- und Comic-Profis für das Linienzeichnen verwendet, da es ein intensiv schwarzer Stift ist, der nicht verschmiert und sowohl wasser- als auch lichtbeständig ist.
Das ist der ideale Stift für Konturenzeichnungen. Allerdings ist seine Fähigkeit zum Farbverlauf begrenzter als bei einem klassischen Marker.
Der Twin Marker ist perfekt für das Ausfüllen kleiner oder großer Flächen. Er hat zwei Spitzen, eine dicke und eine dünnere. Die einzigen beiden Nachteile sind, dass er lange zum Trocknen braucht, daher sollte man darauf achten, nicht mit der Hand über die gefärbte Fläche zu reiben, um nicht zu verschmieren. Er neigt außerdem zum Verlaufen, wenn Sie zu dickes Papier verwenden. Ich empfehle Ihnen, spezielles Marker-Papier zu verwenden. Für weitere Tipps zum Umgang mit dem Zeichenmaterial, sehen Sie sich unseren Artikel zum Thema an.
Jetzt beginnen wir mit unseren Zeichnungen.
Ich empfehle Ihnen, mit Objekten oder Figuren zu starten, die Sie gut kennen und sicher zeichnen können – so vermeiden Sie unnötige Fehler und frustrierende Erfahrungen.
Ich persönlich fühle mich mit Disney-Figuren am wohlsten. Deshalb habe ich mich entschieden, Herkules (Hercules) für die erste Zeichnung und Mama Odie (Die Prinzessin und der Frosch) für die zweite Zeichnung auszuwählen.
MIT EINEM KLASSISCHEN KUGELSCHREIBER ZEICHNEN

Ich werde damit beginnen, eine Basis ohne Details zu schaffen, nur um die Pose meiner Figur zu haben. Mit meinem Stift werde ich also meine Basis zeichnen, ohne Druck auszuüben, einfach indem ich die Hand über das Papier gleiten lasse.

Sobald meine Basis fertig ist, werde ich meinen Charakter zeichnen, indem ich etwas stärker drücke, um die Merkmale hervorzuheben.

Ich fülle die schwarzen Bereiche aus. Dafür gibt es zwei Lösungen:
- Wenn ich auf meinen Stift drücke, um direkt so viel Tinte wie möglich auf mein Blatt zu bringen, ist das eine radikale Lösung, die jedoch bei einer großen Fläche zu füllen ermüdend sein kann.
- Entweder fülle ich meinen Bereich mehrmals. Durch das Überlagern der Schraffuren wird die Farbe immer undurchsichtiger und schließlich schwarz. Diese Methode ist zwar zeitaufwändiger, aber deutlich kraftsparender.

Sind die schwarzen Bereiche ausgefüllt, widme ich mich den grauen Schattierungen. Dabei gehe ich ähnlich vor – jedoch mit weniger Druck auf den Stift, um weichere Töne zu erzielen.

Ich gebe der Figur mehr Tiefe, indem ich die Schattenpartien intensiver färbe und die von Licht berührten Stellen heller lasse.

An Bereichen mit natürlichen Vertiefungen oder Schatten schattiere ich dezent – das verleiht dem Motiv zusätzliches Volumen.

Zum Schluss verdicke ich gezielt die Linien im Vordergrund – wie z. B. am Arm oder im Gesicht – um den Charakter plastischer und dynamischer wirken zu lassen.
Fertig ist meine Zeichnung!
MIT DEM PIGMA MICRON UND TWIN MARKER ZEICHNEN
Bei dieser Technik empfiehlt es sich nicht, direkt mit dem Micron zu skizzieren, da er stark pigmentiert ist und kaum feine Grauabstufungen erlaubt.
Daher empfehle ich, zuerst mit Bleistift vorzuzeichnen – und die Linien anschließend vorsichtig zu radieren – oder direkt mit dem Stift zu starten, sofern Sie das Motiv gut kennen.
Ich habe mich hier für Mama Odie entschieden – eine Figur, die ich so oft gezeichnet habe (weil sie einfach großartig ist!), dass ich sie mittlerweile quasi im Schlaf aufs Papier bringen kann.

Ich zeichne sie also direkt mit dem Micron, ohne Vorzeichnung.
Zunächst skizziere ich nur die Hauptlinien, dann folgen nach und nach die Details.

Sobald Sie die Umrisse gemacht haben, fügen Sie die fehlenden Details hinzu.

Mit dem Twin Marker füllen Sie die dunklen oder schwarzen Bereiche aus.
Wie bei Herkules werden Sie die Linien der Elemente im Vordergrund verdicken, um dem Charakter mehr Tiefe zu verleihen.
Ihr Bild ist fertig! :)

Einer meiner Zeichenlehrer sagte immer:
„Der Radiergummi ist ein Werkzeug, das nie hätte erfunden werden sollen.“
Warum? Weil er oft falsche Sicherheit gibt. Wer ständig radiert, verpasst die Chance, aus Fehlern zu lernen – und blockiert das eigene Vertrauen in den Zeichenprozess.
Wenn Sie wirklich Selbstvertrauen gewinnen und sicherer zeichnen möchten, dann:
Verzichten Sie bewusst auf den Radiergummi, auch beim Zeichnen mit Bleistift.
Oder zeichnen Sie regelmäßig direkt mit dem Stift – das schärft Ihre Beobachtungsgabe und Linienführung.
Ihre Striche werden präziser, Ihre Hand sicherer. Sie werden weniger zögern, sich mehr auf das Wesentliche konzentrieren – und beginnen, wirklich das zu zeichnen, was Sie sehen, anstatt es zu interpretieren.
Also: Schnappen Sie sich ein Skizzenbuch, einen Stift – und nutzen Sie das schöne Wetter, um draußen festzuhalten, was Sie sehen!
Viel Freude beim Zeichnen!
Illustratorin und Redakteurin: Coralie