Haus zeichnen lernen: Perspektive und Details
In vielen Kulissen ist das Haus ein zentrales Element in Geschichten und Illustrationen. In diesem Schritt-für-Schritt-Tutorial lernen Sie, wie Sie ein Haus richtig zeichnen und es harmonisch in eine Kulisse integrieren.
DIE PERSPEKTIVEN DER ZEICHNUNG
Um ein Haus zu zeichnen, müssen Sie zunächst den Blickwinkel festlegen und konsequent daran festhalten. Je nach gewünschter Ansicht bestimmen Sie Ihre Horizontlinie sowie die Fluchtpunkte. Diese Fluchtpunkte dienen als Orientierung, denen Sie für jedes neue Zeichenelement folgen.
Frontansicht:
Die Frontansicht ist relativ einfach, denn die vertikalen und horizontalen Kanten der Hausstruktur besitzen keinen Fluchtpunkt. Vertikale Linien verlaufen parallel zueinander, das gleiche gilt für die horizontalen Linien. Dies ist der einfachste Standpunkt, jedoch sehen Sie nur eine Seite des Hauses, wodurch die dreidimensionale Wirkung eingeschränkt ist.
Seitenansicht:
Für eine ¾-Ansicht gibt es zwei Fluchtpunkte – einen rechts und einen links –, die sich auf der Horizontlinie treffen. Diese Fluchtpunkte helfen Ihnen, das Haus in Perspektive zu zeichnen und dadurch die Illusion von Tiefe und Volumen zu erzeugen. Linien, die in Wirklichkeit parallel verlaufen (z. B. Fenster oder Türen), konvergieren an diesen Fluchtpunkten.
Die Positionierung des Betrachters:
Die Horizontlinie wird in Bezug auf die Augenhöhe des Betrachters definiert. Bei der Frontalansicht ziehen Sie die Horizontlinie in die Mitte Ihres Blatts. Für eine Untersicht – als würden Sie auf dem Boden sitzen und nach oben blicken – liegt die Horizontlinie am unteren Rand der Zeichnung. Bei einer Draufsicht – als würden Sie das Haus von oben betrachten – befindet sich die Horizontlinie am oberen Rand.
Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen dem Zeichnen eines normalen Hauses und eines Hochhauses. In unserem Fall brauchen Sie keinen Fluchtpunkt in Richtung Himmel, da das Gefühl von Höhe, das ein Wolkenkratzer vermittelt, bei einem Haus viel geringer ist. Bei extremen Beispielen wie einem Wolkenkratzer, den man vom Boden aus betrachtet, sehen Sie eine Verzerrung der vertikalen Kanten, was beim Zeichnen eines ebenerdigen Hauses nicht der Fall ist.
Achtung:
Wenn Sie nach einem Foto zeichnen, achten Sie auf mögliche Verzerrungen, die durch das Objektiv der Kamera entstehen können. Diese führen dazu, dass eigentlich gerade Linien gebogen wirken. Wählen Sie Ihre Referenzfotos deshalb sorgfältig aus und bevorzugen Sie solche mit möglichst wenig Verzerrung.
Für dieses Tutorial wähle ich die Ansicht, die ich am interessantesten finde: die ¾-Ansicht.
EIN HAUS SCHRITT FÜR SCHRITT ZEICHNEN
Beginnen Sie damit, den Horizont etwas unterhalb der Mitte Ihres Blatts zu platzieren. Er wird hier durch eine hellblaue Linie dargestellt.
Anschließend definieren Sie die zwei Fluchtpunkte – einen links, einen rechts –, möglichst weit voneinander entfernt, um ausreichend Raum für die Hausseiten zu schaffen. Diese sind als kleine rote Striche markiert.
Die vertikale rosa Linie stellt die mittlere Kante des Hauses dar – die Ecke, die Ihrem Blick am nächsten ist und die die beiden sichtbaren Seiten trennt.
Auf der rechten Seite werden Sie die Eingangstür und ein Fenster platzieren, auf der linken Fenster im Erdgeschoss und im ersten Stock. Beginnen Sie mit den strukturellen Elementen wie Türen, Fenstern und Kaminen – all dem, was eine präzise Perspektive erfordert.
Dann zeichnen Sie zwei weitere rosa Vertikalen, die die äußeren Konturen des Hauses darstellen.
Die orangefarbenen Linien führen zum linken Fluchtpunkt, die grünen Linien zum rechten. Jede ursprünglich horizontale Linie endet an einem dieser Fluchtpunkte.
So beginnt das Erdgeschoss des Hauses Form anzunehmen.
DAS DACH DES HAUSES
Zeichnen Sie zunächst die Form des Erdgeschosses in Schwarz. Dann kümmern Sie sich um das Dach.
Es gibt viele Dachtypen, zum Beispiel Mansardendächer, Pultdächer, Flachdächer oder asymmetrische Dächer. Für dieses Tutorial wähle ich das klassische umgekehrte V-förmige Satteldach.
Wenn Sie in Perspektive zeichnen und die Mitte einer Fläche suchen, um beispielsweise Fenster zu platzieren, genügt es, die Diagonalen dieser Fläche zu zeichnen. Vom Schnittpunkt dieser Diagonalen ziehen Sie eine vertikale Linie (oder eine Linie zum Fluchtpunkt, wenn einer definiert ist). Diesen Vorgang können Sie wiederholen, um auch die Mitte neuer Flächen zu bestimmen.
Anschließend legen Sie die Dachhöhe fest, indem Sie vom Fluchtpunkt bis zur orangefarbenen Vertikalen eine Linie ziehen. Der Schnittpunkt markiert den Dachgipfel.
Das Dach zeichnen Sie breiter als die Hausbasis, da es die Wände vor Regen schützt und das Wasser kontrolliert ableitet. Die Dachkanten werden wiederum mit Bezug auf den rechten Fluchtpunkt gezeichnet.
Die orangene Linie hilft uns zu sehen, wo das untere Ende des Daches aufhören soll.
Für die Dachelemente zeichnen Sie beispielsweise zwei Schornsteine und ein Fenster, das etwas komplexer ist als die an den Hauswänden.
Die dunkelblauen Linien sind die Markierungen in Richtung der Dachneigung.
Die grünen Linien sind die Markierungen des rechten Fluchtpunktes, für alle rechten Seiten der Elemente. Auf dieser rechten Seite erstelle ich mehrere kleine Fenster, indem ich das oben angewandte Verfahren wiederhole (das, welches uns geholfen hat, den Dachgipfel zu finden), um jede Fenster gleichmäßig distanziert und in Perspektive zeichnen zu können.
Fügen Sie abschließend Details wie Dachziegel, Regenrinnen und weitere Kanten hinzu. Experimentieren Sie gerne mit Ihrem gewünschten Architekturstil! Das Wichtige ist, den Fluchtpunkten zu folgen, um eine korrekte Struktur zu haben.
Die orange Linie dient als Bezugspunkt der linken Seiten jedes Elements.
Die rosa vertikalen Linien sind parallel zu meiner zentralen Kante.
Sobald Sie die Hilfslinien entfernt haben, wird die Zeichnung klarer.
Ich habe die Dachgestaltung mit typischen Details wie Dachziegeln, kleinen Dachfenstern und einer Regenrinne abgeschlossen, durch die das Wasser abfließt.
DIE RECHTE SEITE ZEICHNEN
Beginnen Sie mit der rechten Hausseite, indem Sie vorher festlegen, welche Elemente dort platziert werden sollen: etwa eine Eingangstür, eine kleine Terrasse oder Eingangstreppe sowie ein großes Fenster. Zur Hilfe nehmen Sie die grünen Linien, die auf den rechten Fluchtpunkt zulaufen.
Teilen Sie das Fenster diagonal auf, um vier kleine Scheiben einzusetzen, wie zuvor beschrieben.
Die Tür zeichnen Sie in einer leichten Vertiefung und unterteilen die Fensterflächen ebenfalls in Rechtecke.
Schließen Sie diese Fassadenseite mit Umrissen der Fenster, Reflektionen und Dekorationen rund um den Eingang ab.
DIE LINKE HAUSFASSADE ZEICHNEN
Verwenden Sie den linken Fluchtpunkt, um die Fenster auf dieser Seite zu platzieren. Hier positionieren Sie zwei Fenster im Erdgeschoss und eines im ersten Stock, das später noch einen kleinen Balkon erhält.
Mit dem rechten Fluchtpunkt gestalten Sie die Fenstervertiefungen und wählen die Wandstärke der Fensterlaibungen entsprechend. Mithilfe des linken Fluchtpunkts zeichnen Sie die horizontalen Linien der Fensterrahmen.
Hier können Sie verschiedene Fensterstile ausprobieren – große Fensterfronten, kleine Fenster etc.
Nach dem Entfernen der Hilfslinien zeichnen Sie den Balkon im ersten Stock detaillierter.
Wenn alle perspektivischen Elemente fertig sind, fügen Sie die letzten Details und Texturen hinzu: kleine Putzpunkte an den Wänden, einen Streifen am unteren Rand als abgesetzte Basis, Blumen an den Fensterrändern, Vegetation, weitere Häuser in der Umgebung, Figuren und mehr.
Ich ergänze Büsche vor dem Haus sowie Blumentöpfe am Eingang.
DIE FARBGESTALTUNG
Ich beginne mit einer schnellen Farbgebung, indem ich das Haus mit Bäumen und einer großen grünen Wiese umgebe. Die linke Basis am unteren Hausrand lösche ich, um einen Keller anzudeuten, der tiefer liegt als der Boden der Zeichnung (etwa tiefer als die Eingangstreppe oder das Gras).
Ein leichter Rauch steigt aus dem Schornstein auf, und die Farbe des Himmels spiegelt sich in den Fenstern wider, was die Zeichnung realistischer wirken lässt.
Im Vordergrund ergänze ich hohes Gras.
Hinweis:
Indem Sie die Fluchtpunkte weit auseinander setzen, zeigen Sie zwei gut sichtbare Seiten des Hauses. Nähern Sie die Fluchtpunkte der vertikalen Mittelachse, wird eine Seite weniger sichtbar.
Zum Abschluss wählen Sie die Lichtquelle: Sie kommt in meiner Zeichnung von oben rechts. Ein leichter Schatten auf der linken Hausseite verstärkt den dreidimensionalen Eindruck, wobei auch die Seiten des Kamins, Fenster im Schatten sowie der Türrahmen berücksichtigt werden – und voilà!
Illustratorin und Redakteurin: Vincyane
