Wie Sie weibliche Gesichter zeichnen: Proportionen, Tipps & Beispiele
Ich bin mir sicher, dass einige von Ihnen gerne Menschen zeichnen und vielleicht weibliche (oder männliche – darüber werde ich in einem separaten Artikel schreiben) Gesichter als besonders schwierig empfinden.
Ich möchte Ihnen einige Tipps und Tricks an die Hand geben, die Ihnen dabei helfen können. ^^
Dieser Artikel ist Teil meiner Serie über Gesichter. Dort hatte ich bereits ausführlich das Thema „Männergesicht zeichnen“ behandelt, den Sie bei Interesse ebenfalls konsultieren können.
PROPORTIONEN DES WEIBLICHEN GESICHTS
Ich werde hier die Proportionen eines standardisierten Schönheitskanons erläutern. Natürlich entspricht in der Realität kaum jemand exakt diesem Ideal, da es viele individuelle Unterschiede gibt. Es steht Ihnen jederzeit frei, nach Ihrem Geschmack zu variieren und kreative, realistische oder originelle Gesichter zu gestalten. ^^
DAS GESICHT VON VORNE

Das Gesicht wird von vorne betrachtet in einem ovalen Umriss dargestellt. Die Augenlinie liegt etwa in der Mitte des Kopfes (nicht nur des Gesichts). Die folgenden Angaben beziehen sich auf weibliche Gesichter, die nah am Standardkanon liegen (bei Männern gibt es deutlich mehr Variationen).
Die Nase befindet sich auf der Linie, die zwischen der Augenlinie und dem unteren Ende des Gesichts genau halbiert.
Der Mund liegt etwa im ersten Drittel zwischen Nasenlinie und Kinn.
Die Ohren befinden sich auf einer Höhe zwischen Augen und Nase, was unter anderem das Zeichnen von Brillen erleichtert.

Die Augen sind symmetrisch angeordnet, sodass Sie theoretisch ein drittes Auge zwischen ihnen platzieren könnten.

Die Iris nimmt etwa die Hälfte des Augapfels ein. Frauen haben oft längere, dichtere Wimpern – ob mit oder ohne Make-up. Die Augenbrauen sitzen relativ hoch (dies kann aber variieren).
Je höher die Augenbrauen angesetzt sind, desto weniger tief liegen die Augen in den Augenhöhlen, was dem Gesicht einen offeneren Ausdruck verleiht. Die Augenbrauen haben etwa die gleiche Länge wie die Augen und beginnen meist auf Höhe der Nasenlöcher, was feminin wirkt.

Die Nase ist eher klein und besitzt keine ausgefallene Form.
Der Mund ist im Allgemeinen voller als bei Männern, wobei die Unterlippe meist stärker ausgeprägt ist. Die Breite des Mundes überschreitet in der Frontalansicht nicht den inneren Rand der Iris jedes Auges.

Bezüglich der Gesichtsform gilt: Ein rundes Gesicht oder eines mit sanften Kurven wirkt weiblicher. Stark ausgeprägte Kinn- oder Wangenknochen sollten vermieden werden.
Falten, Unebenheiten oder Vertiefungen im Gesicht sollten möglichst dezent dargestellt werden.
Zuletzt noch der Hals: Frauen haben in der Regel einen dünneren Hals als Männer.
DAS GESICHT IM PROFIL

Das Profil ist relativ flach.

Die gleichen Merkmale sind auch hier zu finden: Augenlinie, Nasenlinie, Mundlinie und die Position der Ohren auf der Höhe der Augen.

Der Kiefer folgt den gleichen Prinzipien wie in der Frontalansicht: Ein Gesicht mit weichen, geschwungenen Linien wirkt weiblicher.
Der Hals ist im Profil ebenfalls dünn und beginnt etwa in der Mitte des Gesichts, etwas hinter den Augen.

Das Ohr liegt leicht hinter der Mitte des Halses.

Die Nase zeigt mit den Nasenlöchern nach innen. Kurz nach der geraden Nasenlinie lassen sich die Augen platzieren, die im Profil dreieckig geformt und leicht nach vorne geneigt sind.

Die Unterlippe ist im Profil meist dicker als die Oberlippe und reicht in etwa bis unter das Auge.

Die Stirn ist meist gerade oder leicht geneigt, die Augenbrauen sitzen relativ hoch.
EINIGE TIPPS ZUM ZEICHNEN EINES WEIBLICHEN GESICHTS
Wenn Sie Ihr Porträt stilisieren möchten, können Sie bestimmte Merkmale betonen oder abschwächen.
Merkmale, die Sie betonen können:
- Größe der Augen
- Länge der Wimpern
- Form und Fülle der Lippen
- Feinheit und Schlankheit des Halses
Merkmale, die Sie reduzieren können:
- Größe und Breite der Nase
- Größe des Mundes
- Stärke der Augenbrauen
- Größe der Ohren
- Abstand zwischen Nase und Mund (je tiefer der Mund platziert wird, desto männlicher wirkt das Gesicht)
Natürlich sind das allgemeine Richtlinien, die Sie je nach Ethnie, Alter, Schönheitsideal oder Charaktereigenschaften anpassen können.
Falls Sie eine androgyn wirkende Figur zeichnen möchten, empfiehlt es sich, weibliche und männliche Merkmale zu mischen. Solche Charaktere sind häufig in Mangas zu finden, wo männliche Figuren oft weibliche Gesichtszüge aufweisen, während andere deutlich maskulinere Züge besitzen.
BEISPIELE FÜR FRAUENGESICHTER
Ich habe eine kleine Auswahl von weiblichen Gesichtern zusammengestellt, die als schön gelten und unterschiedliche Merkmale aufweisen, dabei aber den Grundprinzipien folgen.
Wenn Sie weniger „schöne“ Figuren gestalten möchten, können Sie beispielsweise die Proportionen bewusst aus dem Gleichgewicht bringen.
Astrid aus „Drachenzähmen leicht gemacht 2“:
Auf den ersten Blick entspricht sie fast allen klassischen Merkmalen: rundes Gesicht, große Augen mit markanten Wimpern, kleiner Mund, schmaler Hals und feine Nase. Ihre etwas lange und dicke Nase sowie die abstehenden Ohren verleihen ihr zusätzlichen Charme.
Elizabeth aus „Bioshock Infinite“:

Ein etwas spitzeres Gesicht mit ausgeprägteren Wangenknochen. Große Augen, volle Lippen, eine eher unauffällige Nase und ein sehr schlanker Hals prägen ihr Gesicht.
Kida aus dem Film Atlantis, das verlorene Empire:

Ihr Gesicht ist eher untypisch mit eckigem, spitzem Kinn, dicken dunklen Augenbrauen und großen Ohren. Trotzdem hat sie große Augen mit langen Wimpern und volle Lippen.
Megara aus „Hercules“:

Ein eher ungewöhnliches Gesicht mit großen Augen und langen Wimpern, dünnen Augenbrauen und vollem Mund. Ihr Kinn und ihre Wangen sind ausgeprägt, die Augenbrauen besonders lang.
Tsipora aus „Der Prinz von Ägypten“:

Sie weicht stark von den klassischen Proportionen ab: Die Augen sind höher angesetzt, die Nase lang, die Augen weiter auseinander und das Gesicht recht eckig. Trotzdem zeigt sie große Augen, volle Lippen und einen schlanken Hals.
Alle diese Charaktere zeigen unterschiedliche Ausprägungen von weiblichen Gesichtszügen. Scheuen Sie sich nicht, verschiedene Merkmale zu kombinieren, um individuelle und interessante weibliche Gesichter zu erschaffen.
Illustratorin und Redakteurin: Rakjah