Einen Stuhl zeichnen - Schritt für Schritt
Freunde der Perspektive, hallo!
Heute widmen wir uns einem Alltagsobjekt, das zeichnerisch mehr Herausforderung bietet, als man zunächst denkt: dem Stuhl.
Egal, welche Art von Stuhl Sie wählen – bitte achten Sie beim Zeichnen besonders auf folgende Elemente:
Die Neigung der Stuhlbeine
Die Rückenlehne und deren Winkel
Die Form der Sitzfläche
Eventuelle Querstreben oder Verstärkungen
EINE STUHL ZEICHNEN - SCHRITT FÜR SCHRITT
DIE FLUCHTPUNKTE DER ZEICHNUNG
Für diese Übung werden die Fluchtpunkte außerhalb Ihres Zeichenblattes gesetzt. Nehmen Sie dazu zusätzliches Entwurfspapier und befestigen Sie es an Ihrem Zeichenblatt. So können Sie den Horizont erweitern und die Fluchtpunkte weit außen platzieren.

Da wir den Stuhl von oben betrachten, liegt der Horizont oberhalb des Blattes, und wir benötigen zwei Fluchtpunkte.
Wenn Sie sich unsicher mit der Perspektive fühlen, lesen Sie gerne unseren Blogartikel „Perspektive zeichnen“.
Zur besseren Übersicht verwenden wir zwei Farben:
- Rot für Linien zum linken Fluchtpunkt
- Blau für Linien zum rechten Fluchtpunkt


Beginnen Sie mit einem Quadrat auf dem Boden, das Sie mithilfe der Fluchtpunkte anlegen. Ziehen Sie dann vertikale Linien nach oben, sodass die Vorderkante etwas mehr als doppelt so hoch ist wie das Quadrat.

Schließen Sie das Volumen mit einem weiteren Quadrat an der Oberseite – es entsteht ein Quader, die Basis des Stuhls.


DIE SITZFLÄCHE DES STUHLS ZEICHNEN
Schneiden Sie den Quader leicht unterhalb der Mitte horizontal – hier befindet sich später die Sitzfläche.


Ich werde jetzt den Stuhl strukturieren, indem ich die durch die Neigungen der verschiedenen Teile verursachten Verschiebungen suche. Dazu beginnen wir damit, ein Kreuz zu zeichnen, das uns die Mitte der Sitzfläche anzeigt.

Teilen Sie nun die linke Hälfte in fünf gleichmäßige Abschnitte (nach Augenmaß) und fügen Sie einen sechsten Abschnitt außerhalb des Quaders hinzu. Dieser dient später als Orientierung für die Rückenlehne.

Markieren Sie zwei Linien:
Eine reicht bis zum Boden und zeigt die maximale Breite der Stuhlbeine.
Eine zweite, rechts davon, hilft bei der Konstruktion der abgerundeten Rückenlehne.

Jetzt zeichnen wir die Dicke der Sitzfläche des Stuhls.


DIE STUHLBEINE ZEICHNEN
Zeichnen Sie ein kleineres Quadrat innerhalb der Bodenfläche. Dadurch entstehen kleine Quadrate an den Ecken, in denen Sie die Stuhlbeine platzieren.
Wiederholen Sie diesen Vorgang auch auf Höhe der Sitzfläche. Die Beine sind leicht geneigt, ihre obere Position ist also versetzt zur unteren. Zudem sind die Beine oben breiter als unten.

Zeichnen Sie kleine Ellipsen in die Bodenquadrate. Von deren Rändern ziehen Sie Linien bis zu den entsprechenden Punkten der Sitzfläche – so entstehen die geneigten Stuhlbeine.

Wir zeichnen also kleine Ellipsen in den kleinen Quadraten auf dem Boden (machen Sie es nach Augenmaß, sie sind winzig, die Chance eines Fehlers ist gering ^^). Und dann ziehen Sie eine gerade Linie vom Rand jeder Ellipse bis zu den Quadraten, die wir auf der Sitzfläche gezeichnet haben. So erhalten wir unsere Stuhlbeine :)

SITZFLÄCHE ABRUNDEN UND DIE RÜCKENLEHNE DES STUHLS ZEICHNEN
Wir werden uns auf die Sitzfläche des Stuhls konzentrieren und ihr eine abgerundete Form geben. Das bedeutet, dass wir eine Ellipse erstellen werden. Erinnern Sie sich, dass wir dafür eine gepunktete Linie gezeichnet haben? Also werden wir ein Kreuz in diesem Bereich zeichnen, um die Mitte zu finden, die wir vom Fluchtpunkt links ziehen werden.

Anschließend zeichnen Sie in diesem Bereich eine Halbellipse.
Diese sollte das Rechteck an den rechten Rändern des zuvor gezeichneten Kreuzes sowie an der mittleren Linie auf der linken Seite berühren.
Scheuen Sie sich nicht davor, mehrere Versuche zu machen – das ist ganz normal. Eine "Wundermethode" gibt es dafür leider nicht; nur Übung führt hier zum Ziel. Auch ich musste diese Kurve mehrfach zeichnen, bis sie zufriedenstellend war.
Ein kleiner Tipp: Es gibt meist einen bestimmten Winkel, unter dem sich die Ellipse leichter und flüssiger zeichnen lässt. Drehen Sie Ihr Blatt ruhig nach Bedarf – das kann das Zeichnen deutlich erleichtern.

Zeichnen Sie nun ein Stück einer Ellipse, um die Dicke der Sitzfläche darzustellen.
Auch hier dürfen Sie nach Augenmaß vorgehen – absolute Perfektion ist nicht notwendig.

Zeichnen Sie im gleichen Bereich – etwas kleiner – zwei weitere Halbellipsen.
Diese dienen dazu, die Position und Ausrichtung der Rückenlehne zu bestimmen. Da sie der bereits gezeichneten Kurve folgen, dürfte Ihnen dieser Schritt leichter fallen.

Jetzt bauen Sie die vertikalen Elemente der Rückenlehne auf.
Beginnen Sie an der Linie, die Sie zuvor außerhalb des Quaders hinzugefügt haben, und ziehen Sie von dort aus zwei Linien nach oben. Sobald Sie den oberen Bereich erreicht haben, verlängern Sie die Deckfläche des Quaders, um die Form sauber abzuschließen.

Arbeiten Sie von der Basis aus weiter und ziehen Sie erneut eine Vertikale – dieses Mal leicht nach rechts versetzt von der Mittellinie der Ellipse.
Verbinden Sie diesen Punkt mit der oberen Linie, sodass ein Rechteck entsteht. Dieses dient Ihnen als Rahmen für die obere Halbellipse, die den oberen Abschluss der Rückenlehne bildet.

Auch hier zeichnen Sie eine Halbellipse, um die Form zu vervollständigen.
Sie können dafür erneut ein Hilfskreuz anlegen oder nach Gefühl arbeiten – beides ist erlaubt. Entscheiden Sie sich für die Methode, mit der Sie sich sicherer fühlen.

Vergessen Sie nicht, auch dieser Halbellipse eine gewisse Dicke zu verleihen.
So entsteht eine plastische Form, die das Volumen der Rückenlehne überzeugend wiedergibt.

Teilen Sie nun die Rückenlehne in der Höhe in fünf gleichmäßige Abschnitte (oder so gleichmäßig wie möglich nach Augenmaß).
Diese Unterteilung dient dazu, ein einfaches Muster oder ein Strukturelement zu integrieren.

Skizzieren Sie nun die äußere Form der Rückenlehne.
Diese verjüngt sich zur Basis hin und wird nach oben breiter. Orientieren Sie sich dabei an den bereits vorhandenen Linien: Die blaue Linie, die durch die Halbellipse verläuft und das Zentrum des Kreuzes schneidet, hilft Ihnen, die Seitenbereiche zu definieren.
Auch die Linie, die Sie im gleichen Winkel für die Rückseite der Lehne angelegt haben, ist entscheidend – denken Sie daran, dass die Lehne geneigt ist, also sollten auch diese Linien leicht geneigt und nicht vollkommen senkrecht verlaufen.

Wir nehmen die 5 Zonen, die wir gerade markiert haben, und zeichnen eine neue Halbellipse.

Zeichnen Sie nun im mittleren Bereich der Rückenlehne ein zentrales Band ein – eine Art Verstärkung oder dekoratives Element.
Richten Sie sich dabei an der Mittelachse der Sitzfläche aus, um das Band möglichst symmetrisch zu platzieren.
Achten Sie darauf, dass das Band ebenfalls leicht ausgestellt ist – die beiden Seiten verlaufen also nicht exakt parallel zur Mittelachse, sondern folgen dem Verlauf der Rückenlehne. Die linke Kante des Bandes verläuft parallel zur linken äußeren Kante der Lehne – ebenso auf der rechten Seite.

Zeichnen Sie abschließend die stärkeren Konturlinien dieses Bands nach.

So verleihen Sie Ihrer Zeichnung Tiefe und definieren die Struktur klarer. Achten Sie bei der Linienführung darauf, dass die Rundung des Bands in sich stimmig bleibt und sich harmonisch in die Rückenlehne einfügt.



Fügen Sie anschließend ein kleines dekoratives Element hinzu.

REINZEICHNUNG UND FEINSCHLIFF
Jetzt ist es an der Zeit, Ihre Zeichnung zu säubern.

Wenn Sie möchten, können Sie Ihrer Zeichnung durch Schraffuren zusätzlichen Ausdruck verleihen.

- Beobachten Sie sorgfältig die Form, Struktur und Konstruktion des Objekts
- Nutzen Sie Entwurfspapier, um die Fluchtpunkte weit außerhalb Ihres Zeichenblatts zu platzieren
- Arbeiten Sie mit präziser Perspektive und regelmäßigen Proportionen – besonders bei industriellen Objekten
- Seien Sie geduldig: Ellipsen und Rundungen brauchen oft mehrere Versuche – Übung macht den Unterschied
Illustratorin und Redakteurin: Camille