Minimalistische Zeichnung lernen – Schritt-für-Schritt

Hallo allerseits!

Heute zeige ich Ihnen, wie Sie eine minimalistische Zeichnung anfertigen können. Doch was genau versteht man eigentlich darunter?

Eine minimalistische Zeichnung konzentriert sich auf die wesentlichen Formen des Motivs, um mit möglichst wenigen Details eine starke Wirkung zu erzielen. Wenn man an minimalistische Zeichnungen denkt, kommt einem meist eine sehr klare, reduzierte Linienführung in den Sinn – genau darauf werde ich mich konzentrieren.

Dieser Zeichenstil lässt viel Raum für Spontanität. Ich gebe Ihnen vor allem Tipps zur Beobachtung und wichtige Konzepte mit auf den Weg, die Sie nicht vergessen sollten, um eine gelungene minimalistische Zeichnung zu erstellen. Letztendlich kann das Ergebnis das Resultat mehrerer Versuche „aus dem Gefühl heraus“ sein – basierend auf einer fundierten Beobachtung Ihres Motivs.

Es gibt verschiedene Herangehensweisen:

Zeichnungen, die so wenige Linien wie möglich verwenden – idealerweise sogar nur eine einzige Linie. Dabei folgt man den Hauptformen, lässt Überflüssiges weg und zögert nicht, Schleifen zu zeichnen. Diese Methode erfordert oft mehrere Versuche.
Die „klassische“ Methode, bei der zunächst mehr gezeichnet und später Linien gelöscht werden, um nur die wichtigsten Details hervorzuheben. Dabei kann man mehr oder weniger ins Detail gehen, wichtig ist jedoch, die Formen gut zu analysieren und eine klare, minimalistische Synthese zu schaffen.
Eine Mischung aus beiden Methoden.

1. MINIMALISTISCHE ZEICHNUNG EINER KATZE

Am Beispiel einer Katze möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie von einem realistischen Modell zur minimalistischen Zeichnung gelangen.

Um eine gelungene minimalistische Zeichnung zu erstellen, sollten Sie Ihr Motiv zunächst gut verstehen. Ich empfehle Ihnen, ein Foto oder eine detailliertere Zeichnung als Ausgangspunkt zu nehmen und die Basis genau zu analysieren.

Hier sehen wir eine sitzende Katze. Bei der minimalistischen Zeichnung lassen wir alles Überflüssige weg: kleine Buckel, einzelne Haare – das alles spielt keine Rolle! Konzentrieren Sie sich auf die Hauptformen und beobachten Sie, wo Kurven und gerade Linien verlaufen. Wenn Ihnen das schwerfällt, können Sie das Bild weichzeichnen (zum Beispiel mit dem Gaußschen Weichzeichner in Photoshop oder Clip Studio Paint) oder Ihre Augen zusammenkneifen, um Details zu verschleiern. Teilen Sie die Katze dann in einfache geometrische Formen auf – das hilft Ihnen, die wichtigsten Linien und Formen im Kopf zu behalten. Machen Sie gern mehrere Versuche mit unterschiedlichem Vereinfachungsgrad.

Wenn Ihnen der direkte Sprung zur minimalistischen Synthese zu schwerfällt, beginnen Sie ruhig mit einer eher detaillierten Version und reduzieren Sie diese schrittweise.

Als erstes zeichnen Sie alle Hauptformen, glätten kleine Unebenheiten und achten auf den Kontrast zwischen Kurven und geraden Linien. Entfernen Sie erste Details – zum Beispiel die Haare innen an den Ohren oder die Schnurrhaare.

Anschließend löschen Sie weitere Linien, um die prägnanteste Form zu erhalten. Ziel ist es, dass man die Katze auch aus der Ferne sofort erkennt. Dabei kann es hilfreich sein, gewohnte Details mutig wegzulassen – zum Beispiel die Linien zwischen den Pfoten. Das mag nicht realistisch wirken, aber die vereinfachte Form ist immer noch gut erkennbar.

Es gibt viele Möglichkeiten, was Sie betonen möchten. Hier sehen Sie eine eher elegante, fast ägyptisch anmutende Variante, bei der Kurven und gerade Linien stärker hervorgehoben und mehr Gesichtsdetails beibehalten wurden. Experimentieren Sie mit dem Löschen und Neuzeichnen! Und voilà!

Wichtig ist: Vermeiden Sie zitternde, unsichere Linien, die jeder kleinen Unebenheit folgen. Auch beim Löschen braucht es klare und effektive Striche. Machen Sie ruhig erst eine unsichere Skizze und zeichnen Sie danach sauber nach.

2. MINIMALISTISCHE ZEICHNUNG EINER BLUME

Die Grundprinzipien sind wie bei der Katze, doch die Vorgehensweise kann je nach Motiv variieren. Deshalb zeige ich Ihnen zwei weitere Beispiele – zuerst eine Blume.

Wie bei der Katze beginnen wir mit der Analyse der Form. Beobachten Sie genau, welche Blütenblätter übereinander liegen. Ich habe einfache geometrische Formen für die Blütenblätter gewählt und ihre Überlappungen transparent angedeutet.

Wenn Sie möchten, können Sie zunächst realistisch zeichnen, Falten und Details beachten, um das Motiv zu verstehen. Für die erste Vereinfachung glätten Sie die Blütenblätter und entfernen einige Details.

Tipp: Verfallen Sie nicht in die Falle, dem Modell starr zu folgen! Wenn Sie ein Blütenblatt irritiert, weil es sich dreht oder unklar ist, entfernen oder verändern Sie es. Ihr Endbild soll harmonisch wirken – eine exakte Übereinstimmung mit dem Modell ist nicht nötig.

Die erste vereinfachte Zeichnung sieht schon hübsch aus. Da die Blume viele Elemente enthält, sind mehr Details sichtbar als bei der Katze. Dennoch können Sie noch weiter reduzieren, indem Sie weitere Linien weglassen – zum Beispiel Blütenblattseiten oder Teile des Stiels.

Wir kommen zu Zeichnungen mit nur wenigen Linien: Die erste besteht aus nur zwei Linien und ist auf Einfachheit ausgelegt. Der Verzicht auf zu viele Details erlaubt es, die Blütenblätter nicht immer getrennt darzustellen, während die Essenz erhalten bleibt.

Bei der zweiten Zeichnung sehen Sie Schleifen in den Blütenblättern – hier sind alle komplett gezeichnet, als wären sie transparent und überlappen sich nicht. Dieser vom Realismus gelöste Effekt lässt sich für viele Blumen verwenden.

3. MINIMALISTISCHE ZEICHNUNG EINES FRAUENGESICHTS

Das letzte Beispiel ist ein klassisches Motiv minimalistischer Zeichnungen: das Gesicht. Das erfordert ein gutes Verständnis von Proportionen und Form.

Sie können wieder mit einer leichten Unschärfe oder zusammengekniffenen Augen beginnen, um sich auf die Flächen des Gesichts zu konzentrieren. Zeichnen Sie zunächst eine grobe Konstruktion, die Platz für Nase, Mund, Augen und die Bereiche um die Augen herum schafft. Je nach Modell können Sie besondere Merkmale hervorheben, etwa das Kinn oder die Wangenvertiefungen.

Für die klassische Methode gehen Sie wie bei den anderen Motiven vor: zuerst eine realistische Skizze, dann schrittweise Reduktion. Entfernen Sie Details und lassen Sie bewusst große Flächen frei – beispielsweise Augenpartien oder eine Gesichtsseite. Da das Gesicht unsere Identität zeigt, verleiht das Weglassen von Teilen dem Bild einen geheimnisvollen Charakter.

Und schließlich die Schleifen! Auch hier können Sie Teile weglassen oder andeuten, Details wie Iris später ergänzen. Die verschiedenen Elemente (Kopf, Hand, Schultern) lassen sich selten mit nur einer Linie darstellen, aber Sie können es ausprobieren! Wichtig ist, nicht nur die äußeren Konturen zu zeichnen, sondern auch die inneren Volumen, die Sie bei der Beobachtung entdeckt haben – etwa Wangen, Kinn oder Augenbrauenbögen.

 
Und damit sind wir am Ende! Ich hoffe, einige von Ihnen fühlen sich vom minimalistischen Zeichnen inspiriert. Scheuen Sie sich nicht, viele Versuche zu machen und zu experimentieren! Dieses Tutorial enthält vor allem Tipps und Anregungen, keine genauen Schritt-für-Schritt-Anleitungen – aber ich hoffe, ich konnte Ihnen Werkzeuge an die Hand geben, um Ihren ganz eigenen Zugang zu dieser besonderen Zeichentechnik zu finden.

Eine Linie einfach nur abzupausen wäre weniger spannend – nehmen Sie also Ihre eigenen Vorlagen und probieren Sie es selbst aus!

Illustratorin und Redakteurin:Natacha Peaster