Flächenkolorierung lernen – Schritt für Schritt zur farbigen Illustration
Hallo zusammen!
Es gibt viele Möglichkeiten, eine Zeichnung zu kolorieren – eine der beliebtesten Techniken ist die Flächenkolorierung (auch „Flat Coloring“ genannt). Sie findet Anwendung in Comics, Animationen und Illustrationen und ist für ihren klaren, stilisierten Look bekannt.
In diesem Tutorial zeige ich Ihnen, wie Sie eine getuschte Zeichnung Schritt für Schritt in eine farbige Illustration mit klar abgegrenzten Farbflächen verwandeln.

FARBFLÄCHEN ANLEGEN
Der erste Schritt besteht darin, jeder Fläche Ihrer Zeichnung eine einheitliche Farbe zuzuweisen – diese Basisfarben nennt man „Flats“. Sie dienen dazu, alle Elemente Ihrer Zeichnung voneinander zu trennen und eine Grundlage für Schatten und Licht zu schaffen.
Wenn Sie digital arbeiten und sich bei der Farbwahl unsicher sind, können Sie zunächst mit sogenannten falschen Farben beginnen – also beliebigen, kontrastreichen Farben zur besseren Abgrenzung. Später lassen sich diese problemlos durch Ihre endgültige Farbpalette ersetzen.


Achten Sie darauf, alle Flächen vollständig zu kolorieren – das ermöglicht es Ihnen später, Volumen durch gezielte Licht- und Schattensetzung zu erzeugen. Wählen Sie für die endgültige Koloration zunächst Halbtöne, also Farben, die weder besonders hell noch sehr dunkel sind. So haben Sie genug Spielraum, um später sowohl Schattierungen als auch Lichtakzente hinzuzufügen.
ERSTE SCHATTENEBENE SETZEN
Während das Anlegen der Flats meist einfach ist, erfordert das Setzen von Schatten mehr Aufmerksamkeit – denn bei der Flächenkolorierung kommen keine weichen Farbverläufe zum Einsatz. Stattdessen arbeiten Sie mit klar abgegrenzten Farbflächen. Sie müssen eine Schattenfarbe wählen und diese auf die gesamte beschattete Fläche Ihres Bereichs auftragen.
Wählen Sie eine dunklere Farbe als Ihre Basisfarbe und legen Sie fest, welche Bereiche im Schatten liegen. Bei gekrümmten Flächen müssen Sie sich entscheiden, welche Farbstufe des theoretischen Verlaufs Sie als Fläche übernehmen wollen. Als Faustregel gilt: Je dunkler die Schattenfarbe, desto kleiner die betroffene Fläche.
Für die erste Schattenebene eignet sich ein etwas dunklerer Ton mit größerer Abdeckung – das sorgt für ein solides Volumengefühl.
Um gut zu verstehen, wie man seine Schattenfarbe wählt und vor allem, welche Fläche sie abdecken sollte, werde ich Ihnen ein Beispiel geben. Nehmen wir diesen Bereich meiner Zeichnung:

Die Oberfläche an dieser Stelle ist gekrümmt. Wenn ich sie klassisch mit einem Verlauf schattiere, erhalte ich Folgendes:

Wie Sie sehen, habe ich verschiedene Nuancen in meinem Farbverlauf, die auf verschiedenen Ebenen angewendet werden. Ich werde eine auswählen, und diese wird die Farbe und die Fläche meines Schattens bestimmen. Je dunkler die Farbe, desto kleiner ist die bedeckte Fläche, und umgekehrt bei einer hellen Farbe.


Für eine erste Schattenebene ist eine größere Fläche besser geeignet, daher wähle ich eine Farbe, die näher am zweiten Beispiel liegt.

Ich wiederhole den Vorgang auf meiner ganzen Zeichnung. Hier ist das Ergebnis:

Einige Stellen sind noch zu scharfkantig und erzeugen nicht den richtigen Eindruck von Rundheit. Falls die Flächen Ihrer Schatten zu hart wirken, können Sie mit Schraffuren arbeiten. Damit simulieren Sie feinere Abstufungen, ohne die Klarheit der Flächenzeichnung zu verlieren.
Achten Sie jedoch darauf, nicht zu übertreiben – der Fokus soll weiterhin auf der klaren Farbgestaltung liegen.

ZWEITE SCHATTENEBENE FÜR MEHR TIEFE
Um noch mehr Volumen zu erzeugen, können Sie eine zweite Schattenebene hinzufügen. Diese sollte deutlich dunkler sein, aber weniger Fläche einnehmen – ideal für Schlagschatten oder tiefere Bereiche, die kaum Licht abbekommen.

Vermeiden Sie reines Schwarz: Dieses ist der Tuschezeichnung und extrem dunklen Bereichen vorbehalten. Nutzen Sie stattdessen abgestufte, harmonisch dunkle Farbtöne.

Jetzt fügen Sie Lichter hinzu, um die Illusion von Plastizität zu verstärken. Beginnen Sie mit einer dezenten ersten Lichtebene, deren Fläche abhängig von der Schattenstärke ist: Je stärker die Schatten, desto subtiler sollten die Lichter sein – und umgekehrt.
Ziel ist es, den Farben Raum zu lassen, damit Ihre Grundfarben atmen können.

Für Reflexionen oder Highlights verwenden Sie reines Weiß – allerdings sparsam.

Tipp: Wenn Sie möchten, können Sie auch eine zweite Lichtquelle andeuten. Diese ist oft farbig (z. B. bläulich, rötlich) und weniger intensiv als das Hauptlicht, verleiht der Zeichnung aber zusätzliche Tiefe und Atmosphäre.

FARBVERLÄUFE HINZUFÜGEN
Ihre Zeichnung ist nun technisch fertig. Falls Sie den Flächen noch etwas mehr Tiefe verleihen möchten, können Sie dezent mit Farbverläufen arbeiten – achten Sie darauf, dass diese sanft sind und nicht den klaren Flächenlook überdecken. Zu diesem Zweck wendet man sie diskret an und achtet darauf, die Grenzen zwischen den verschiedenen Bereichen unserer Zeichnung scharf zu lassen.
Digital: Legen Sie eine neue Ebene über Ihrer Zeichnung an und setzen Sie weiche Verläufe mithilfe eines Airbrush-Tools oder verlaufender Pinsel.
Traditionell: Verwenden Sie transluzente Medien, z. B. Aquarell-Lasuren, helle Marker oder farbige Buntstift-Schichten.

Wie Sie sehen, habe ich einige Farbverläufe hinzugefügt, um meine Lichter zu betonen und einige Schatten zu vertiefen - aber meine Farbflächen bleiben im Vordergrund.
MEHR AUSDRUCK DURCH TEXTUR UND MUSTER
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Verfasst und illustriert von Louis Grieves
Danke, es ist sehr klar und präzise. Es wird mir sehr helfen, in Digital zu färben.
Christophe
Wie kann ich die richtige Farbe für die Schatten in flachem Färben auswählen?