Wie zeichnet man einen Chibi?

Dieser Artikel richtet sich vor allem an Manga- und Anime-Fans sowie Liebhaber der japanischen Kultur. Aber auch alle anderen Neugierigen sind herzlich willkommen! 😊

WAS IST EIN CHIBI?

Zunächst sollten Sie wissen, dass "Chibi" ein japanisches Wort ist, das ursprünglich verwendet wird, um ein Baby oder ein Kind zu bezeichnen. Es kann jedoch auch auf Erwachsene angewendet werden, um Personen kleiner Statur zu beschreiben. Häufig wird der Begriff auf humorvolle Weise verwendet, kann jedoch auch herabsetzend wirken – ähnlich wie das deutsche "Zwerg" oder das französische "Nabot".

Die Hauptmerkmale eines Chibi-Charakters sind ein übergroßer Kopf, große Augen, süße Gesichtszüge und ein sehr kleiner Körper. Charakteristische Details der jeweiligen Figur werden überzeichnet, sodass die Figur auch in dieser vereinfachten Form sofort erkennbar ist.

Die Darstellung ist stark vereinfacht: Chibis haben selten eine sichtbare Nase – wenn überhaupt, dann nur als Punkt oder Schatten. Hände werden kaum mit Fingern gezeichnet, und Füße sind oft in "V"- oder "U"-Form gehalten.

Grundsätzlich kann alles als Chibi dargestellt werden: Menschen, Tiere oder sogar Gegenstände. Meist wird der Stil in Illustrationen oder für Merchandising verwendet, etwa für Figuren aus Animes oder Videospielen. Viele Zeichner erstellen aber auch eigene Chibi-Originalcharaktere.

Ein bekanntes Beispiel für Chibi-Merchandising sind die Nendoroid-Figuren.

Obwohl Chibis einfach aussehen, ist das Zeichnen keineswegs trivial. Der Stil gehört zur sogenannten "Super Deformed" (SD)-Kategorie, bei der die Proportionen extrem verändert werden. Um Figuren so stark zu stilisieren, müssen Sie die realistischen Grundproportionen sicher beherrschen.

Bevor Sie sich also an das Zeichnen von SD- oder Chibi-Figuren wagen, sollten Sie ein solides Verständnis der menschlichen Anatomie entwickelt haben.

Unabhängig vom Charakter gelten für alle Chibis dieselben Grundmerkmale: ein großer Kopf, große Augen und ein kleiner Körper. Damit Ihre Figur trotzdem wiedererkennbar bleibt, sollten Sie sich auf die Details konzentrieren, die sie einzigartig machen – z. B. Frisur, Kleidung, Augenform, Narben, Augenringe oder Tattoos.

Lassen Sie uns nun zur Praxis übergehen!

EINEN CHIBI-CHARAKTER SCHRITT FÜR SCHRITT ZEICHNEN

Wenn Sie mit Chibis noch wenig Erfahrung haben, empfehle ich Ihnen, eine bekannte Figur mit auffälligen Merkmalen auszuwählen. Dabei sind Ihnen keine Grenzen gesetzt – egal ob Manga, Anime, Videospiel, Roman oder Serie. Hauptsache, Sie haben Spaß daran!

Ich selbst habe Levi Ackerman aus "Shingeki No Kyojin" gewählt, da ich ihn häufig zeichne.

 

DIE PROPORTIONEN DES CHIBI

Bevor Sie mit der Skizze beginnen, sollten Sie entscheiden, welche Proportionen Ihr Chibi haben soll. Die Kopfgröße dient als Basismaß.

Tatsächlich gibt es verschiedene Arten von Chibi. Sie sollten wissen, dass die Basis für Ihren Chibi sein Kopf sein wird.

Gängige Varianten sind:

- klassisch: 2 Köpfe hoch
- 2,5 Köpfe
- 3 Köpfe

Je nach Wahl ergeben sich unterschiedliche visuelle Wirkungen. In diesem Beispiel orientieren wir uns an der klassischen Variante mit zwei Köpfen.

Beginnen Sie mit einer groben Skizze der gewünschten Pose. Sie muss noch nicht ganz genau sein – es geht lediglich um eine erste Vorstellung.

Sobald das alles eingerichtet ist, kann ich mit meinem Chibi beginnen.

DIE SKIZZE ERSTELLEN

Zeichnen Sie mit leichten Strichen (z. B. mit einem blauen Bleistift), damit Sie die Linien später leicht entfernen können. Beginnen Sie mit einem einfachen Kreis für den Kopf. Messen Sie die Höhe und übertragen Sie sie nach unten – das ergibt die Gesamthöhe Ihres Chibis.

Arbeiten Sie digital, erstellen Sie eine neue Ebene und zeichnen Sie die restlichen Körperteile mit einem Pinsel in anderer Farbe. 

Zeichnen Sie Arme als Kegel, Beine ebenfalls mit einfachen Formen. 

Fügen Sie Ohren hinzu sowie einen Punkt für die Nase. Halten Sie die Formen so einfach wie möglich.

DETAILS HINZUFÜGEN

Nun geht es an die individuellen Merkmale Ihres Charakters. Beginnen Sie mit dem Gesicht: Levi hat z. B. kleine, halb geschlossene Augen, Augenringe und einen ernsten Blick. Diese Merkmale übertragen Sie auf Ihren Chibi.

Ergänzen Sie Frisur, Kleidung und Accessoires, aber achten Sie darauf, nicht zu viele Details zu verwenden. Chibis sind kompakt und sollten gut lesbar bleiben.

BEISPIEL: Bei Levi habe ich bewusst auf zu viele Abzeichen und Details seiner Ausrüstung verzichtet und mich auf einige wenige, markante Elemente beschränkt.

INKING UND KOLORIERUNG

Wenn Sie mit Ihrer Skizze zufrieden sind, können Sie mit dem Inking beginnen. Arbeiten Sie sauber und konzentriert, besonders wenn Sie traditionell zeichnen. Verwenden Sie unterschiedlich starke Linien, um Dynamik zu erzeugen.

Digitale Zeichner haben beim Inking mehr Spielraum für Korrekturen. Wenn Sie traditionell arbeiten, nehmen Sie sich ausreichend Zeit.

Sind Sie mit der Tintenzeichnung fertig, löschen Sie die Skizzenlinien. Flächen mit tiefem Schwarz können Sie direkt mit Tinte füllen.

Kommen wir zur Farbe: Chibis haben in der Regel eine sehr einfache Farbgebung mit wenigen Schatten. Sie können mit Grundfarben arbeiten und nur dort Schatten setzen, wo es nötig ist – zum Beispiel unter Haaren, an Kleidung oder im Gesicht.

Bei Levi habe ich z. B. Schatten an Haaransatz, Augenpartie und unter dem Pony gesetzt, um seinen typischen Gesichtsausdruck hervorzuheben.

 

FAZIT:

- Bevor Sie Chibis zeichnen, sollten Sie die anatomischen Grundlagen verstehen.
- Der Kopf ist das Maß aller Dinge. Er bestimmt die Proportionen der gesamten Figur.
- Vereinfachen Sie, aber lassen Sie nicht zu viele markante Details weg.
- Übertreiben Sie charakteristische Merkmale – ein Chibi ist eine Karikatur.

Wichtigster Tipp: Haben Sie Spaß beim Zeichnen! Gerade Lieblingscharaktere zu zeichnen, kann sehr entspannend sein.
Wenn Sie möchten, teilen Sie gerne Ihre Zeichnungen in den Kommentaren! Dann können wir uns gemeinsam darüber austauschen. :)

Illustratorin und Redakteurin: Coralie