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durch Tristan de Dessindigo

Posen und Silhouetten zeichnen: Die wichtigsten Grundregeln

Posen und Silhouetten zeichnen: Die wichtigsten Grundregeln

Herzlich willkommen! In diesem Beitrag zeige ich Ihnen, wie Sie verschiedene Posen und Silhouetten zeichnen können – ein wesentlicher Bestandteil, um Figuren Ausdruck, Bewegung und Lebendigkeit zu verleihen.


GRUNDREGELN IM ZEICHNEN

Wenn Sie eine Figur zeichnen, spielt die Pose eine entscheidende Rolle – nicht nur für die Wirkung der Zeichnung, sondern auch, um Bewegung und Dynamik glaubhaft darzustellen. Mit einigen grundlegenden Techniken können Sie viele verschiedene Körperhaltungen konstruieren und so Ihre Figuren deutlich interessanter gestalten.

Tipp: Falls Ihnen das Zeichnen der grundlegenden Anatomie noch schwerfällt, empfehle ich Ihnen, zunächst diesen Artikel zu lesen: [Link zum Anatomie-Artikel]

Bereiten Sie Ihr Zeichenmaterial und vor allem Ihre Kreativität vor – los geht’s!


1. DIE BALANCELINIE - BASIS FÜR EINE STABILE FIGUR

Ein häufiger Fehler beim Zeichnen von Posen ist es, die Figur nicht stabil auf dem Boden zu platzieren. Um dies zu vermeiden, beginnen Sie mit einer Bodenlinie (in hellgrau) und zeichnen Sie anschließend die Gleichgewichtslinie (in hellrot). Diese Linie zeigt an, wie das Gewicht in der Haltung verteilt ist – sie entspricht nicht der Symmetrieachse der Figur.

Im ersten Beispiel kippt die Figur unnatürlich nach links. Im zweiten Beispiel wurde das Becken angepasst, das linke Bein neu positioniert – und die gesamte Haltung wirkt sofort deutlich stimmiger.


 

2. DIE BEWEGUNGSLINIE - FÜR MEHR DYNAMIK IN IHRER ZEICHNUNG

Die Bewegungslinie (ebenfalls hellrot) verleiht der Pose Energie und Ausdruck. Sie ist zwar in der fertigen Zeichnung nicht sichtbar, aber eine wertvolle Hilfe beim Aufbau der Figur. Suchen Sie nach dieser Linie, um den natürlichen Bewegungsfluss besser zu erfassen.

Hinweis: Die Bewegungslinie findet man sowohl in Aktionsposen, als auch in statischen Posen.


3. DER SCHULTER-BECKEN-KONTRAST

Eine interessante Pose lebt vom Gegensatz zwischen der Schulter- und der Beckenlinie. Achten Sie darauf, dass diese Linien nicht parallel, sondern leicht gegeneinander geneigt verlaufen. Wenn Sie sie gedanklich verlängern, sollten sie sich kreuzen – das erzeugt natürliche Spannung in der Figur.

Hier sind einige Beispiele, die gut veranschaulichen, dass unabhängig von der Pose immer dieser Gegensatz zwischen Schulter und Becken besteht.


Um diesen Gegensatz darzustellen, verwenden Sie anstelle von parallelen Linien (Zeichnung A), schräg verlaufende Linien (Zeichnung B).


4. DIE RICHTIGE SILHOUETTE WÄHLEN

Die Wahl des Blickwinkels hat großen Einfluss auf die Lesbarkeit der Pose. Auch wenn die Haltung identisch bleibt, kann eine Frontalansicht die Silhouette „flach“ wirken lassen. Das Problem mit einigen Ansichten ist, dass sie die Silhouette „erdrücken" und sie schwierig zu erkennen machen. Oft bietet eine ¾-Ansicht mehr Tiefe und Klarheit.

Visualisieren Sie die Figur als schwarze Silhouette (Zeichnungen B) – erkennen Sie auch ohne Details, was sie tut? Wenn ja, ist die Pose gelungen!


5. POSEN ÜBERTREIBEN - FÜR MEHR AUSDRUCKSKRAFT

Viele Posen wirken auf Referenzfotos eher flach oder wenig ausdrucksstark. Das liegt oft daran, dass sie nicht überzeichnet wurden. Übertreibung ist ein wesentliches Stilmittel – besonders im Zeichnen und in der Animation.

Im gezeigten Beispiel wurde durch stärkere Betonung der Beinbewegung (B) aus einer technisch korrekten, aber etwas langweiligen Pose (A) eine ausdrucksstärkere Haltung.


6. POSEN KOMBINIEREN - FÜR KREATIVE ERGEBNISSE

Dieser letzte Punkt ist nicht wirklich eine Regel, sondern eher ein Ratschlag.

Manchmal finden Sie nicht genau die Referenz, die Sie benötigen. In diesem Fall empfehle ich, Posen zu kombinieren. Nehmen Sie z. B. die Armhaltung aus einer Pose und verbinden Sie diese mit der Beinstellung aus einer anderen. Die Referenzposen A und B unten ergeben die Pose C. Dabei habe ich bestimmte Elemente von beiden übernommen, um eine neue Pose zu schaffen, die in sich kohärent ist.

Achten Sie dabei stets auf Perspektive, Proportion und Anatomie – nicht jede Kombination wirkt stimmig. Vermeiden Sie es zum Beispiel, eine ¾-Ansicht mit einer Seitenansicht zu vermischen, da dies die Silhouette verzerren kann. Es ist auch wichtig darauf zu achten, dass die gesamte Anatomie stimmig ist, indem man nur bestimmte Elemente ändert. Außerdem ist es wichtig, die vorherigen Punkte (1 bis 5) im Kopf zu behalten, um eine möglichst interessante Pose zu erhalten.


EINE POSE MIT EINEM HOLZMANNEQUIN ZEICHNEN - SCHRITT FÜR SCHRITT

Holzfiguren sind ein bewährtes Hilfsmittel für Einsteiger und Fortgeschrittene. Sie lassen sich leicht in Grundformen zerlegen und ermöglichen die freie Wahl von Pose und Blickwinkel.

So gehen Sie vor:

1. Wählen Sie Pose und Blickwinkel (ggf. ein Foto machen, um die Referenz zu speichern).

2. Zeichnen Sie Boden- und Gleichgewichtslinie.

3. Skizzieren Sie die Bewegungslinie.

4. Zeichnen Sie ein einfaches Strichmännchen – mit besonderem Augenmerk auf Schulter- und Beckenlinien.


5. Fügen Sie die Grundformen für Rumpf, Becken, Arme und Beine hinzu.

6. Verfeinern Sie die Volumen, bis sich eine lesbare Silhouette ergibt.

7. Ergänzen Sie Details wie Kopf, Hände und Füße und passen Sie bei Bedarf Proportionen an.


EINE POSE NACH EINEM FOTO ZEICHNEN - SCHRITT FÜR SCHRITT

Referenzfotos bieten meist realistischere anatomische Informationen, besonders im Bereich der Muskeln. Im Internet finden Sie zahlreiche Ressourcen – z. B. The Pose Archive.

So gehen Sie vor:

1. Wählen Sie ein Foto mit einer interessanten Pose.

2. Zeichnen Sie Boden- und Gleichgewichtslinie.

3. Ergänzen Sie die Bewegungslinie.

4. Erstellen Sie ein Strichmännchen mit Fokus auf die Ausrichtung von Schultern und Becken.


5. Zeichnen Sie die Volumen - beginnend mit dem Rumpf und Becken.

6. Verfeinern Sie die Volumen, bis sich eine lesbare Silhouette ergibt.

7. Ergänzen Sie Details wie Kopf, Hände und Füße und passen Sie bei Bedarf Proportionen an.


Hinweis: In den Beispielen wurde auf die Ausarbeitung der Muskulatur verzichtet, um es übersichtlich zu halten – ich empfehle Ihnen aber, diese einzubeziehen, wenn Sie Ihr anatomisches Verständnis vertiefen möchten.


FAZIT - DRANBLEIBEN LOHNT SICH!

Nun kennen Sie die wichtigsten Grundlagen, um Posen und Silhouetten überzeugend zu zeichnen. Ich empfehle Ihnen, regelmäßig Studien zu Posen anzufertigen – mit Referenzen, Holzfiguren oder, wenn möglich, nach einem echten Modell.

Weiterführende Tipps:

Möchten Sie lernen, nach einem lebenden Modell zu zeichnen? Dann lesen Sie diesen Artikel: nach einem lebenden Modell zeichnen

Wollen Sie Ihr anatomisches Wissen vertiefen und komplexere Posen umsetzen? Dann empfehle ich Ihnen unsere Anatomie-Schulung: Anatomieschulung.

Redakteurin und Illustratorin: Chloé Pouteau