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durch Tristan de Dessindigo

Mit Rötelstift zeichnen: Einführung in die Kunst der Sanguine

Mit Rötelstift zeichnen: Einführung in die Kunst der Sanguine

Sie möchten lernen, mit Rötelstift zu zeichnen, wissen aber nicht, wo Sie anfangen sollen? Keine Sorge!

In diesem Artikel erfahren Sie alles über die Grundlagen der Sanguine-Technik – von der Geschichte des roten Ockers über das richtige Material bis zu praktischen Schritt-für-Schritt-Anleitungen für Ihre ersten Skizzen.
Nach der Lektüre sind Sie bereit, Ihre eigenen Zeichnungen in warmen Rottönen voller Tiefe und Ausdruckskraft zu gestalten.


KLEINE GESCHICHTE DER SANGUINE - VOM ROTEN OCKER ZUR KUNSTFORM

(von links nach rechts: Johann Elias Ridinger, Jean Antoine Watteau, Fragonard)

Die Sanguine ist eine alte Zeichentechnik, die vor oder während der Renaissance entstand. Ihren Namen verdankt sie ihrer rotbraunen Farbe, die an Blut erinnert und aus natürlichen Pigmenten mit hohem Eisenoxidanteil – wie Hämatit – gewonnen wird.

Dieser warme, erdige Ton wurde im Laufe der Jahrhunderte von zahlreichen Künstlern verwendet: Leonardo da Vinci, Michelangelo, Rubens oder Watteau nutzten Sanguine für Skizzen, Studien und ausgearbeitete Zeichnungen.

Dank ihrer weichen, pudrigen Textur eignet sie sich ideal, um Volumen, Schatten und menschliche Formen darzustellen. Besonders beliebt war sie daher für Aktzeichnungen, Porträts und anatomische Studien.

Oft wurde auf leicht getöntem Papier gearbeitet, das mit weißer Kreide für Lichtakzente oder mit Kohle für tiefe Schatten ergänzt wurde. Eine einfache, ausdrucksstarke Technik, die bis heute nichts von ihrer Faszination verloren hat.

Die Rötelzeichnung ist eine Technik, die trocken oder nass verwendet werden kann. Wenn sie trocken verwendet wird, ermöglicht sie das Zeichnen präziser Linien mit einer körnigen Textur. Wenn sie nass verwendet wird, erzeugt sie weiche Waschungen und Abstufungen.

Diese doppelte Verwendung bietet verschiedene Möglichkeiten, um unterschiedliche Effekte in einer Zeichnung zu erzeugen. Probieren Sie beide Varianten aus, um herauszufinden, welche Ihnen besser liegt.


DAS MATERIAL FÜR DIE RÖTELZEICHNUNG

Jetzt, da Sie etwas mehr über die Geschichte der Sanguine wissen, lassen Sie uns sehen, was Sie brauchen, um zu starten. Gute Nachricht: Es ist eine ziemlich zugängliche Technik, die nicht viel Material erfordert.

Hier sind die grundlegenden Elemente, die Sie benötigen:

1 . Papier: Ich empfehle Ihnen, sich für leicht strukturiertes Papier zu entscheiden, damit die Pigmente gut haften. Es muss nicht zu dick sein, es sei denn, Sie entscheiden sich dafür, Ihre Sanguine auf nasse Weise zu bearbeiten.

2. und 3. Rötel: Sie können das Kreideformat (2) oder das Bleistiftformat (3) wählen, je nach Zeichenweise.

4. Wischer: Er wird ein ausgezeichneter Verbündeter sein, um die Pigmente zu verschmelzen und ein glatteres Ergebnis zu erzielen.

5. Weißer Radiergummi: nützlich zum präzisen Radieren.

6. Knetradiergummi: perfekt, um bestimmte Bereiche zu verwischen oder abzuschwächen.

7. und 8. Pinsel: falls Sie mit nasser Sanguine experimentieren möchten.

9. Küchenpapier: ideal zum weichen Verblenden.

Die Zeichnung mit Rötel kann mit einem Stift oder mit Kreide erfolgen, wobei jedes Material seine Vor- und Nachteile hat.
Ein Rötelstift ermöglicht eine präzise und kontrollierte Linienführung – ideal für Details und feine Linien. Er ist leicht zu transportieren und weniger schmutzig, was ihn praktisch für schnelle Skizzen oder Zeichnungen im Freien macht.

Allerdings bietet er eine gleichmäßigere, aber weniger reiche Textur als Kreide. Die Sanguine-Kreide hingegen ist dicker und pudriger, was abwechslungsreichere Materialeffekte und sanfte Übergänge ermöglicht. Sie eignet sich perfekt für große Formate und ausdrucksstärkere Zeichnungen.

Jedoch kann sie schwieriger zu handhaben sein, ist oft schmutziger und erfordert meist spezielles Papier, um gut zu haften.
Die Wahl zwischen Stift und Kreide hängt also vom gewünschten Stil und vom Arbeitskontext ab:
Der Stift steht für Präzision und Mobilität, die Kreide für reichhaltige Texturen und ausdrucksvolle Effekte.

Um mit Rötel zu zeichnen, eignet sich Papier mit mittlerem Korn am besten – etwa Zeichenpapier oder Aquarellpapier. Diese Papiersorten ermöglichen es der Rötel, sich gut festzusetzen und Struktur zu verleihen. Ein zu glattes Papier hingegen lässt die Linien weniger deutlich erscheinen.

Farbige Papiere – etwa in Beige, Ocker oder Grau – heben die warmen Rottöne der Sanguine besonders hervor. Sie können sogar schwarzes Papier verwenden.
Wenn Sie auf weißem Papier arbeiten, dient die Sanguine zur Darstellung von Schatten. Auf schwarzem Papier hingegen wird sie zur Lichtquelle. Das eröffnet eine völlig andere, aber sehr reizvolle Herangehensweise ans Zeichnen.

Ein weißer Radiergummi ermöglicht es, Pigment sauber zu entfernen – vorausgesetzt, er wird sanft verwendet und auf hochwertigem Papier.
Das Brotradiergummi bleibt jedoch ideal: Es entfernt Pigmente, ohne das Papier zu beschädigen.

Bei dieser Technik sollten Sie sich generell nicht zu sehr auf den Radiergummi verlassen.
Nehmen Sie sich lieber Zeit, über Ihre Linien nachzudenken, bevor Sie sie ziehen.


GRUNDTECHNIKEN MIT RÖTEL

Kommen wir nun zu den verschiedenen Verwischtechniken. Im Grunde funktionieren alle Methoden – entscheidend ist, welches Ergebnis Sie erzielen möchten.

Das Verwischen mit dem Finger ergibt ein recht gleichmäßiges Resultat. Das natürliche Hautfett verteilt das Pigment auf dem Papier und sorgt für weiche Übergänge. Die Schwierigkeit besteht darin, den Druck richtig zu dosieren, um ungewollte Spuren zu vermeiden.

Das Verwischen mit einem Papierwischer bleibt die klassischste Methode. Es erzeugt ein sehr glattes Ergebnis, kann aber kleine Pigmentablagerungen hinterlassen. Denken Sie daran, regelmäßig über Ihre Zeichnung zu blasen, um lose Partikel zu entfernen.

Auch Küchenpapier funktioniert sehr gut und ist eine gute Alternative zur Fingertechnik – das Ergebnis ist etwas weniger verblendet, aber kontrollierter.

Schließlich können Sie auch mit einem Pinsel verwischen. Das ermöglicht, das Pigment zu verteilen, während die darunterliegende Linie sichtbar bleibt. Ideal, wenn Sie eine diffuse, atmosphärische Wirkung erzielen möchten.

Tipp: Wenn Sie verblenden, empfehle ich Ihnen, kleine kreisförmige Bewegungen zu machen. Das Ergebnis wird noch gleichmäßiger und weicher sein.

Beim Arbeiten mit Rötel entsteht viel Abrieb, besonders wenn Sie stark drücken, um intensive Flächen zu erzeugen. Es ist also normal, dass Finger und Hände Flecken bekommen.
Da der Farbstoff wasserlöslich ist, kann das zu ungewollten Spuren auf dem Papier führen.

Denken Sie daher daran, regelmäßig die abgelegten Pigmente wegzublasen und ein weißes Blatt als Schutzunterlage zu verwenden – besonders, wenn Sie auf einer bereits bearbeiteten Fläche zeichnen.


ÜBUNG - EINE KUGEL MIT RÖTEL ZEICHNEN

Lassen Sie uns nun die Grundlagen der Arbeit mit roter Kreide verstehen, indem wir eine Kugel zeichnen.


1. Die Rötelzeichnung wird ausschließlich für die Schatten verwendet. Man muss also daran denken, die Weißflächen freizuhalten. Hier beginnt man mit dem Setzen eines ersten Schattens. Schraffuren werden oft verwendet, da sie es ermöglichen, die Menge des abgelegten Pigments besser zu kontrollieren.

2.  Anschließend wird dieser Schatten verwischt. Ein grobes Verwischen mit einem Küchenpapier funktioniert sehr gut. Denken Sie daran, eine weiße Zone in der Mitte zu bewahren, um das Licht darzustellen.

 

3. Wir vertiefen den Schatten. Für ein angenehmes Ergebnis empfehle ich Ihnen, der Form entsprechend zu arbeiten: Hier bei einer Kugel arbeiten Sie in Kreisbögen.

4. Man kann wieder verwischen, hier mit einem Küchenpapier. Lassen Sie einen etwas größeren Lichtkreis als den vorherigen, um den Volumeneffekt zu verstärken.

5. Wir vertiefen die Schatten erneut.

6. Dann wird erneut verwischt.

Wie Sie sehen, entsteht eine Rötelzeichnung durch den Wechsel zwischen Pigmentauftrag und Verwischen.

Steigern Sie Ihre Werte schrittweise – so erzielen Sie ein präziseres und visuell harmonisches Ergebnis.


ZEICHNEN MIT TROCKENER RÖTEL - SCHRITT FÜR SCHRITT

Nachdem wir die Grundlagen kennengelernt haben, wollen wir nun eine erste Zeichnung mit trockener Sanguine anfertigen – Schritt für Schritt.
Ich habe einen Baum gewählt, denn bei organischen Motiven können Sie sich kaum „verzeichnen“. So lässt sich die Technik spielerisch entdecken.


1. Ich beginne damit, den Stamm zu zeichnen. Ich wechsle zwischen der Spitze und der flachen Seite der Kreide, je nach gewünschter Dicke.

2. Ich füge die Äste hinzu. Sie sind überwiegend dunkel, da sie meistens im Schatten liegen werden.

3. Verwischen Sie die Äste mit Küchenpapier – das erzeugt eine leichte Unschärfe im Hintergrund und deutet bereits das Laub an.

4. Fügen Sie Details zum Stamm hinzu, indem Sie Linien ziehen und helle Flächen für Lichtzonen freilassen.
 


5. Erzeugen Sie Blätter mit kleinen Strichen an den Astenden. Wenn Sie möchten, dass der Baum dichter wirkt, fügen Sie Schraffuren hinzu, um Volumen anzudeuten.

6. Ergänzen Sie den Boden mit ein paar lockeren Linien, um Vegetation zu suggerieren.


ZEICHNEN MIT NASSER RÖTEL - SCHRITT FÜR SCHRITT

Nun wollen wir die Arbeit mit nasser Rötel erkunden, wieder anhand eines Baumes. So können Sie beide Techniken vergleichen und herausfinden, welche Ihnen besser liegt.


1. Ich erstelle die Struktur des Baumes.

2. Ich beginne damit, den Rumpf zu bearbeiten, indem ich Linien und kleine Kurven zeichne.


3. Mit der Kante der Kreide markiere ich die Äste.

4. Mit einem Wischer verblende ich leicht alle Linien.

5. Es ist Zeit für Nass-Sanguine: Ich reibe die Sanguine vorsichtig mit einem Skalpell ab.

6. Ich füge ein paar Tropfen Wasser hinzu.

7.  Ich mische gut, um einen homogenen Teig zu erhalten.


8. Mit einem sauberen Pinsel können Sie die bereits aufgetragenen Pigmente auf den Ästen leicht verwischen, um die Rindenstruktur anzudeuten.

9. Zeichnen Sie weitere feine Äste mit der feuchten Rötel-Mischung, um mehr Tiefe und Details zu erzeugen.


10. Wiederholen Sie den Vorgang für den gesamten Baum.

11. Mit der verdünnten Mischung können Sie einen Hintergrund andeuten.


12. Nach dem Trocknen verändert die Rötel leicht ihre Farbe und erhält einen warmen Sepiaton.

Damit schließen wir diesen Artikel über die Grundlagen des Zeichnens mit Rötel ab.
Wie Sie sehen, können die Ergebnisse, die dieses kleine Stück Kreide liefert, wirklich erstaunlich sein.

Zögern Sie nicht, mit verschiedenen Techniken zu experimentieren, um herauszufinden, welche am besten zu Ihrem Stil passt.

Ich hoffe, Ihnen hat dieser Artikel gefallen! 😊

Redakteurin und Illustratorin: Chloé Pouteau