Wie man einen Baum zeichnet - Schritt für Schritt
Bäume sind in Illustrationen sehr nützlich. Nicht nur, wenn Sie gerne Heroic Fantasy oder Märchen zeichnen – sie sind Elemente, die Ihnen sehr oft begegnen werden. Und heute, da ich spüre, dass Sie super motiviert sind, lernen wir nicht nur, einen oder zwei, sondern gleich drei verschiedene Baumarten zu zeichnen! Ja, genau. Und zwar in Farbe. Ein wirklich spannendes Tutorial erwartet Sie!
Wie Sie sehen werden, funktioniert es immer noch nach dem gleichen Prinzip. Die Unterschiede liegen vor allem in den Varianten, abhängig von den Baumarten und der jeweiligen Jahreszeit. Wir werden drei sehr unterschiedliche Bäume betrachten: die Eiche, den Baobab und die Tanne. Nach diesem Tutorial sollten Sie in der Lage sein, auch andere Baumarten selbstständig zu zeichnen.
EINE EICHE ZEICHNEN
Ich beginne mit einem recht gewöhnlichen Baum: der Eiche.
Sie ist groß, belaubt und der „klassische“ Baum, an den man meist denkt – zumindest geht es mir so, wenn ich einen europäischen Wald gestalten möchte.
Wir starten mit der Struktur: Bäume sind im Grunde alle ähnlich aufgebaut – ein zentraler Stamm, der gerade oder verdreht und unterschiedlich dick sein kann. Danach gibt es Variationen.
DER STAMM DER EICHE
Der Stamm verzweigt sich früher oder später in Äste unterschiedlicher Dicke, die sich wiederum weiter verzweigen. Dann folgt das Laub, meist in Form von Blättern oder Nadeln.
Bei der Eiche haben wir einen ziemlich geraden, zentralen Stamm mit typischen Wucherungen.
DIE ÄSTE DER EICHE ZEICHNEN
Von hier aus lassen Sie mindestens einen dicken Ast vertikal abzweigen, weitere dann schräg oder sogar ganz horizontal. Da es sich um organisches Material handelt, muss es nicht regelmäßig sein – im Gegenteil. Kurven und „Wellen“ machen den Ast viel glaubwürdiger als gerade Linien.
Aus diesen dicken Ästen entstehen kleinere Zweige – auch hier können Sie Ihrer Fantasie freien Lauf lassen.
Wiederholen Sie den Vorgang, indem Sie weitere, kleinere Zweige und Verzweigungen hinzufügen.
DAS LAUB
Die meisten Äste werden vom Laub verdeckt, aber es ist wichtig, sie zuerst zu zeichnen, um das Laub später korrekt darüber zu platzieren. Die Blätter wachsen an den Enden der Äste, daher ordnen Sie das Laub in „Trauben“ an. Denken Sie daran, dass das Laub rund um den Baum wächst – je nach Position können einige Blätter vor oder hinter den Ästen liegen.
Sie können das Laub so detailliert ausarbeiten, wie Sie möchten. Ich selbst zeichne meist eher angedeutet und konzentriere mich auf einige ausgewählte Stellen. Es lohnt sich nicht, jedes einzelne Blatt exakt zu zeichnen – der Aufwand steht meist nicht im Verhältnis zum Ergebnis.
Falls Sie Schwierigkeiten haben, zeichnen Sie das Laub zunächst hinter dem Baum und arbeiten Sie dann nach vorne. Arbeiten Sie immer mit Formen und Massen – das Laub funktioniert ähnlich wie Wolken.
Entfernen Sie dann die durch das Laub verdeckten Bereiche.
Bevor ich mit der Farbe beginne, skizziere ich die Volumen des Baumes, damit Sie die Zeichnung bei Bedarf korrigieren oder besser nachvollziehen können, wie alles zusammenhängt.
DEN BAUM FÄRBEN
Hier ist Ihre Beobachtungsgabe gefragt. Beobachten Sie die Farben genau. Ein Baum hat nicht einfach einen „braunen“ Stamm und „grünes“ Laub – es ist viel subtiler, mit verschiedenen Tönen.
Der Stamm wirkt in meiner Referenz sehr entsättigt, mit violett-braunen bis grauen Tönen, teilweise auch leicht bräunlich oder grünlich. Ich entscheide mich für den hellsten Ton, ein sehr helles Violettgrau – eine ungewöhnliche, aber interessante Farbe.
Die Schatten auf den Ästen im Hintergrund sind dunkler als vorne. Für die Schatten nutze ich ein einfaches Grau ohne spezielle Tönung. Man kann auch gräulich-violette oder bläuliche Töne verwenden, um Lichtreflexe zu setzen, was ich aber nicht gebraucht habe.
Zögern Sie nicht, die Baumrinde mit kleinen, feinen Strichen zu strukturieren – aber bleiben Sie subtil, denn der Baum ist aus der Entfernung zu sehen.
Beim Laub sehe ich verschiedene Grüntöne: fast gelbliches Grün, Apfelgrün und bläulichere Nuancen. Die hellste Farbe lege ich als Grundlage. An einigen Stellen füge ich bläuliche Akzente hinzu.
Beachten Sie, dass das Laub im Vordergrund dunkler ist als im Hintergrund. Ich verdunkle die Vordergrundbereiche etwas, bevor ich mit den Schatten beginne. Für die Schatten nutze ich ein dunkleres Grün, das je nach Bereich eher bläulich oder gelblich ist.
Ich werde schon jetzt an einigen Stellen bläuliche Töne platzieren.
Die Blätter sind mandelförmig – es ist nicht nötig, jedes Blatt einzeln zu zeichnen, aber an einigen Stellen kann das schöne Effekte erzielen.
Beim Kolorieren können Sie mit einem harten Pinsel und wenig Wasser ein Muster erzeugen, das die Blätter andeutet, das Sie dann bei Bedarf noch weiter ausarbeiten können.
Verwenden Sie auf dem Computer bitte keine Brushes mit vorgefertigten „Blatt“-Mustern – diese wirken meist unecht und wenig überzeugend. Ich zeige die Kolorierung mit einem einfachen Pinsel, was zwar langsamer ist, aber ein schöneres Ergebnis bringt. Alternativ können Sie auch Textur-Brushes einsetzen.
Zuletzt überarbeiten Sie die Zeichnung noch einmal. Detailarbeit bei Blättern oder Fell ist subjektiv. Einzelne Blätter oder Haare exakt auszuarbeiten, ist oft nicht effektiv, da das Auge solche Details nicht immer wahrnimmt. Scheuen Sie sich also nicht, nicht überall ins kleinste Detail zu gehen.
Und so entsteht eine Eiche.
EINEN BAOBAB ZEICHNEN
Kommen wir zum Gegenteil der Eiche: Ein Baum mit einem sehr charakteristischen Stamm, aber ohne Laub.
DER STAMM DES BAOBAB
Beginnen Sie wie immer mit dem Stamm – eine kleine, etwa gerade Säule.
DIE ÄSTE DES BAUMES
Von dort gehen die großen, verdrehten oder verwickelten Äste ab. Auch hier gilt: Verzichten Sie nicht auf Biegungen, diese dürfen diesmal aber deutlicher sein.
Wir verzweigen weiter mit kleineren Ästen und wiederholen den Vorgang.
Geduld ist jetzt gefragt, denn dieser Baobab wird Sie herausfordern. Nach der groben Zeichnung der Äste skizzieren Sie die Form, die alle kleineren Äste umfasst, die noch zu zeichnen sind.
Danach beginnen Sie wieder mit der Verzweigung. Das kostet Zeit – das gleiche Prinzip gilt übrigens auch für Bäume im Winter, ohne Laub.
Jetzt zeichnen wir viele kleine Linien, die den Ästen einen buschigen Effekt verleihen. Momentan wirkt der Baum noch etwas kahl, aber so schaffen Sie eine lebendige Textur. Seien Sie fröhlich dabei!
Sobald eine gute Menge Zweige vorhanden ist, säubern Sie die Zeichnung. Wenn Sie traditionell arbeiten, wünsche ich viel Glück – ich selbst hatte manchmal nicht den Mut, alle kleinen Zweige sauber auszuarbeiten.
Und das ist Ihr Baobab. Sind Sie noch dabei? :3
Obwohl das Zeichnen von Bäumen manchmal langwierig und mühsam erscheint, ist es eine Gelegenheit, den Kopf auszuschalten und Ihrer Hand freien Lauf zu lassen. Am Ende wird Ihre Illustration mit einem gut gemachten Baum nur noch schöner. Die Mühe lohnt sich.
DEN BAOBAB KOLORIEREN
Wir wenden wieder dasselbe Prinzip an. Da es kein Laub gibt, geht es sehr schnell.
Der Stamm ist in meiner Referenz braun-orange.
Ich gebe ihm ungleichmäßige Töne – eine Mischung aus Braun, Grau und einem leicht violettstichigen Ton. Dabei nutze ich die Gelegenheit, dem Stamm Textur zu verleihen.
Setzen Sie Lichter als helles orangefarbenes Beige.
Das Gleiche gilt für die Zweige, die in einem gräulichen Farbton erscheinen.
Die Schatten sind klar abgegrenzt. Beachten Sie die besondere Volumenwirkung am Stamm und die Schatten, die zeigen, wie sich die Äste drehen.
Und das war’s auch schon – schnell, oder?
Wenn Ihnen das zu schnell war, empfehle ich Ihnen mein Youtube-Tutorial zum Thema.
EINEN TANNENBAUM ZEICHNEN
Zum Abschluss etwas Einfaches – wirklich! Tannenbäume sind vergleichsweise unkompliziert.
Im Allgemeinen müssen Sie sich bei Tannenbäumen nicht groß um die Struktur kümmern, da sie dicht belaubt sind – ganz anders als die beiden vorherigen Baumarten. Also, keine Äste! Zeit, den Champagner zu öffnen!
DER STAMM DER TANNE
Wie immer starten wir mit dem Stamm, der zwar fast vollständig vom Laub verdeckt wird, aber als Orientierung und Größenbestimmung dient.
DAS LAUB DES BAUMES ZEICHNEN
Zeichnen Sie die ungefähre Form des Laubs.
Dann ins Detail: Sie haben sicher schon Weihnachtsbäume gesehen und wissen ungefähr, wie Tannenzweige aussehen. Das Laub der Tanne ist relativ gleichmäßig – im Gegensatz zu Eiche und Baobab.
Auch wenn die Linien nicht völlig zufällig sein sollten, vermeiden Sie Symmetrie und zu gleichmäßige Abstände, denn das wirkt schnell künstlich.
Die Oberseite der Zweige ist meist flach, die Unterseite unregelmäßig, da Nadeln daran wachsen.
Falls Sie Probleme mit der Aststruktur haben, hier ein kleiner Hinweis: Die Äste sind radial um den Stamm angeordnet.
Hier ist das Ergebnis, wenn es fertig ist.
DEN TANNENBAUM FÄRBEN
Der Stamm ist im Schatten, also starten wir mit einem sehr dunklen Grau.
Für das Laub wählen Sie ein gelbliches Grün.
Sie können Nuancen mit orangefarbenen und bläulichen Tönen hinzufügen.
Verdunkeln Sie den Bereich unten links, der bereits im Schatten liegt, bevor Sie mit dem Schattieren beginnen.
DIE SCHATTEN DES BAUMES
Die Schatten haben ein Grün mit leicht bräunlichem Einschlag. Ich habe hier überall den gleichen Farbton verwendet, aber Sie können je nach Bereich gerne variieren.
Je nach gewünschtem Detailgrad investieren Sie mehr oder weniger Zeit. Ich habe mich für eine eher einfache Variante entschieden.
Wer möchte, kann auch Schnee hinzufügen – in der Menge, die Ihnen gefällt. Die Schatten des Schnees sehe ich in einem violettstichigen Grau.
Und damit ist Ihr Tannenbaum fertig!
ERINNERUNG UND SCHLUSSFOLGERUNG
So, das ist die grundlegende Methode, um Bäume zu zeichnen. Sie gehen fast immer nach dem gleichen Prinzip vor:
- Zeichnen Sie das „Skelett“ des Baumes (Stamm und Äste).
- Platzieren Sie das Laub logisch darauf, ohne zu vergessen, dass ein Baum Äste rund um den Stamm hat und nicht nur frontal vor Ihnen steht.
- Wählen Sie den gewünschten Detailgrad.
- Für die Farbe sind Referenzen entscheidend – schauen Sie sich die Natur genau an.
- Passen Sie den Detailgrad an das an, was Sie bevorzugen oder benötigen.
Das war’s für dieses Tutorial. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen und hilft Ihnen dabei, schöne Baumzeichnungen für Ihre Illustrationen zu erstellen.
Nehmen Sie sich die Zeit, Bäume in Ihrer Umgebung genau zu beobachten und fotografieren Sie sie, wenn möglich. Zum einen, weil Bäume schön sind – zum anderen dienen Ihnen die Fotos als wertvolle Referenz für Ihre Zeichnungen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und vor allem viel Freude beim Zeichnen! :)
Redakteurin und Illustratorin: Rakjah