Zeichnen auf dem Tablett: Tipps und Techniken
Zeichnen auf einem Tablet ist etwas anders als auf Papier. Die Handhabung fühlt sich ungewohnt an und kann zunächst verunsichern. Deshalb möchte ich Ihnen einige hilfreiche Tipps geben, wie Sie sich mit dem digitalen Zeichnen auf Ihrem Grafiktablett vertraut machen.
Für diesen Artikel gehe ich davon aus, dass Sie ein klassisches Grafiktablett (ohne Bildschirm) verwenden – aber meine Ratschläge gelten grundsätzlich für alle Arten digitaler Zeichengeräte und -programme.
DAS TABLET IST GLATT - UND RUTSCHIG
Es klingt simpel, ist aber entscheidend: Ihr Tablet hat nicht dieselbe Textur wie Papier. Während der Stift auf Papier reibt und kratzt, gleitet der Stylus auf der glatten Oberfläche des Tablets. Das kann zu weniger Kontrolle und Präzision führen.
Besonders herausfordernd ist das bei klassischen Tablets ohne Bildschirm – Ihre Hand arbeitet an einem anderen Ort als Ihr Blick. Was können Sie also tun?
ÜBUNG MACHT DEN DIGITALEN MEISTER
Zunächst heißt es: üben, üben, üben. Öffnen Sie Ihr bevorzugtes Zeichenprogramm, nehmen Sie den Stift zur Hand und beginnen Sie damit, gerade Linien zu ziehen. Nutzen Sie ggf. das Linienwerkzeug zur Orientierung – und versuchen Sie anschließend, die Linie frei Hand nachzuzeichnen.
Wenn Sie nur aus dem Handgelenk zeichnen, werden die Linien schnell zittrig. Das ist auch beim Zeichnen auf Papier der Fall, doch auf dem Tablet vergisst man oft bewährte Gewohnheiten.
Tipp: Zeichnen Sie aus dem Ellbogen, nicht aus dem Handgelenk. Große Bewegungen aus dem Arm sorgen für mehr Stabilität – ideal für Kreise, lange Linien oder Schwünge. Das Handgelenk setzen Sie gezielt für kleine Details ein.
Richten Sie Ihren Blick auf das Ziel Ihrer Linie, nicht auf deren Anfang – ähnlich wie beim Radfahren: Sie schauen vorausschauend, nicht auf das Vorderrad.
Jetzt üben Sie weiter, freihändig Linien zu zeichnen.
Ein Blatt Papier aufkleben
Kleben Sie ein dünnes Blatt auf Ihr Tablet, um mehr Reibung zu erzeugen. Das erhöht die Kontrolle, kann aber die Stiftspitze schneller abnutzen – Ersatzspitzen sind jedoch in der Regel erhältlich.
Tablet oder Dokument drehen
Sie dürfen Ihr Tablet – oder das digitale Zeichenblatt – beliebig drehen. Finden Sie eine Position, in der Ihre Pinselstriche natürlicher verlaufen.
Druckempfindlichkeit verstehen
Grafiktabletts erkennen je nach Modell bis zu 8000 Druckstufen. Nutzen Sie dies, um durch den Druck die Linienbreite oder Deckkraft zu beeinflussen.
Üben Sie, mit unterschiedlicher Kraft zu zeichnen – meist ist weniger Druck effektiver als zu starkes Aufdrücken.
AUF EINEM GRAFIKTABLETT ZEICHNEN
Langsam reicht es mit dem Gekritzel, oder? Sie fragen sich vielleicht: Wann beginne ich endlich mit dem echten Zeichnen?
Ganz ruhig – wir kommen jetzt zum spannenden Teil.
Verwenden Sie zu Beginn keine breiten Pinsel. Auch wenn es verlockend ist, große Flächen schnell zu füllen – wie bei einem echten Zeichenstift empfiehlt es sich, zunächst mit einer feinen Pinselgröße zu arbeiten. So bleibt Ihre Zeichnung sauber und kontrolliert.
Wählen Sie einen Pinsel, der auf Druck reagiert – das gibt Ihnen mehr Kontrolle. Sie können auch auf einer teilweise transparenten Ebene arbeiten oder mit reduzierter Deckkraft zeichnen. So bauen Sie nach und nach Details auf, ohne die Übersicht zu verlieren.
Beginnen Sie Ihre Zeichnung leicht und locker, wie mit einem Bleistift. Erst wenn die Grundstruktur steht, verstärken Sie Linien oder arbeiten Details heraus. Das entspricht der klassischen Skizzenmethode – jetzt eben digital.
FARBEN
Bei der Koloration suche ich durch gezielte Farbmischung nach dem gewünschten Ton. Helle Bereiche befinden sich meist an knöchernen Stellen: Stirn, Nasenrücken, Brauenbogen, Kinnkante.
Diese gezielten Highlights sorgen dafür, dass ein Gesicht sofort „lebendiger“ wirkt.
Danach füge ich Details wie Augen, Lippen, Falten oder Schatten hinzu.
In meinem Digital Painting Kurs gehe ich noch tiefer auf Farbtheorie und Mischtechniken ein. Demnächst erscheint auch ein ausführlicher Artikel rund ums Thema Farbe – ideal für alle, die ihre digitalen Werke lebendiger gestalten möchten.
Passen Sie die Tipps an Ihr jeweiliges Programm an – egal ob Photoshop, Procreate, Krita oder andere Tools. Die Prinzipien bleiben gleich.
Und wenn Sie wirklich nicht zurechtkommen: Beginnen Sie Ihre Skizze auf Papier! Ich selbst finde oft mehr kreative Freiheit beim Zeichnen mit Bleistift. Später übertrage ich die Ideen digital und arbeite sie sauber aus.
An Ihre Stifte – und viel Freude beim digitalen Zeichnen!
Illustrator und Redakteur: Maxime Teppe