Mehr Tiefe ins Bild: Wie Sie Volumen richtig zeichnen
Hallo an alle! Heute möchte ich mit Ihnen einen der grundlegenden Aspekte des Zeichnens besprechen: das Volumen.
Es ist nicht immer leicht zu erkennen, wie man einer Zeichnung räumliche Tiefe und Plastizität verleiht. In diesem Beitrag gebe ich Ihnen einige praxisnahe Tipps, die sich auf nahezu jede Art von Zeichnung anwenden lassen – ob Objekt, Figur oder Szene.
Bereiten Sie Ihre Stifte, Ihr Papier oder Ihr Tablet vor – und vor allem Ihre Kreativität. Los geht’s!
1. IN VOLUMEN DENKEN - NICHT IN LINIEN
Dieser erste Punkt mag simpel erscheinen, ist jedoch essenziell: Wenn wir zeichnen – insbesondere aus der Vorstellung –, neigt unser Gehirn dazu, Objekte zu vereinfachen, um sie schneller erfassen zu können. Dabei gehen jedoch oft Formtiefe und Volumen verloren.
Um Ihren Zeichnungen mehr Räumlichkeit zu verleihen, ist es notwendig, nicht in zweidimensionalen Umrisslinien, sondern in dreidimensionalen Grundkörpern zu denken.
Tipp: Zerlegen Sie Objekte in einfache geometrische Formen wie Quader, Zylinder oder Kugeln.
Ein USB-Stick wirkt z. B. in einer reinen Umrisszeichnung (Beispiel 1) flach. Wenn Sie ihn jedoch in Volumenkörper wie Rechteck-Prismen unterteilen und die Tiefenachsen mit einbeziehen, erhält er (wie in Beispiel 3) deutlich mehr Körperlichkeit. Um den USB-Stick realistisch darzustellen, müssen nur noch einige Details hinzugefügt werden und voilà.
Das Denken in Volumen braucht etwas Übung, lohnt sich aber: Ihre Zeichnungen wirken plastischer und ermöglichen es Ihnen, auch komplexe Formen sicher zu konstruieren.
Es braucht ein wenig Übung und Zeit, volumetrisch zu denken. Aber Sie werden sehen, dass dadurch Ihre Zeichnungen deutlich an Volumen gewinnen und es Ihnen sogar leichter fallen wird, komplexere Dinge zu zeichnen.
2. INTERESSANTE BLICKWINKEL FINDEN
Ein weiterer entscheidender Aspekt für die räumliche Wirkung Ihrer Zeichnungen ist die Perspektive. Viele greifen instinktiv zur Frontal- oder Seitenansicht, weil sie einfacher umzusetzen ist. Diese Perspektiven lassen die dargestellten Objekte jedoch oft flach erscheinen.
Suchen Sie nach spannenderen Blickwinkeln, zum Beispiel einer 3/4-Perspektive, einer Aufsicht oder einer leichten Untersicht. Diese verleihen dem Motiv mehr Tiefe.
Im USB-Stick-Beispiel (Beispiel 2) zeigt eine schräge Untersicht mit geöffnetem Deckel deutlich mehr räumliche Wirkung als die frontale Variante. Auch kleine Veränderungen im Winkel sorgen dafür, dass bestimmte Elemente überlappen oder sich in der Tiefe staffeln – was das Volumen noch stärker betont.
Skizzieren Sie Ihre Komposition ruhig in groben Volumen, bevor Sie Details hinzufügen. Das hilft, eine überzeugende Perspektive zu finden.
Interessante Blickwinkel zu finden, kann manchmal komplexer erscheinen, als es tatsächlich ist. Oft funktioniert eine ¾-Perspektive sehr gut und ermöglicht es Ihnen, das Volumen leicht verständlich zu machen. Wenn Sie eine etwas komplexere Szene zeichnen möchten, empfehle ich, sehr einfache Skizzen mit groben Formen anzufertigen, um zu sehen, wie Sie die verschiedenen Elemente positionieren und sich eine Vorstellung davon machen können, welcher Blickwinkel am interessantesten wäre.
3. MIT UNTERSCHIEDLICHEN VOLUMEN ARBEITEN
Ein weiterer wichtiger Trick, um räumliche Tiefe zu erzeugen, ist die Variation von Volumenformen und -größen.
Ein einzelner Zylinder wirkt oft gleichmäßig und flach. Kombinieren Sie dagegen unterschiedliche Formen – z. B. eine Kugel mit einem Quader oder feine mit massiveren Volumen – entsteht visueller Kontrast.
Das Beispiel eines gezeichneten Arms zeigt: Zeichnung 1 hat zwar ein korrektes Volumen, wirkt aber wenig interessant. Die Varianten 2, 3 und 4 arbeiten mit betonten Muskelgruppen, variierenden Breiten und Überlappungen – und gewinnen dadurch an Ausdruckskraft.
Tipp: Kombinieren Sie große, mittlere und kleine Volumenbereiche – das macht Ihre Darstellung lebendiger und dreidimensionaler.
Wir haben gerade ein Beispiel mit Kleidung gesehen, aber der Tipp gilt für alles. Wenn Sie mit variierenden Volumen spielen, werden alle Elemente interessanter und Ihre gesamte Zeichnung wird an Tiefe gewinnen.
4. LINIEN GEZIELT ZUR VOLUMENDARSTELLUNG EINSETZEN
Dieser Punkt ist etwas weniger auffällig, wird aber dennoch häufig verwendet.
Vielleicht ist es Ihnen schon passiert: Die Skizze wirkt ausdrucksstark, aber sobald Sie die Reinzeichnung machen, verliert sie an Tiefe.
Der Grund liegt oft darin, dass die Linienführung überall gleich dick und gleich stark ist. Das „flacht“ die Darstellung ab.
Nutzen Sie die Technik der Liniengewichtung:
- Starke (dicke) Linien für Bereiche im Vordergrund oder im Schatten
- Feine Linien für Lichtbereiche oder weiter entfernte Objekte
Diese Technik wird auch als „Linienstärkevariation“ bezeichnet und ist ein einfaches, aber effektives Mittel, um Raumwirkung zu erzeugen – vorausgesetzt, sie wird bewusst eingesetzt.
Das Spiel mit der Liniengewichtung kann einen großen Unterschied in der Linienführung Ihrer Skizzen machen - vorausgesetzt, die Linien sind gut platziert. Sonst könnte das Gegenteil des gewünschten Effekts entstehen.
5. KOLORIEREN UND SCHATTIEREN
Dieser Punkt ist im Allgemeinen der einfachste und macht gleichzeitig einen enormen Unterschied.
Wenn Sie Ihre Zeichnungen kolorieren oder schattieren, achten Sie darauf, dass die Lichtführung die Volumen unterstützt.
Ein häufiger Fehler: Schattierung ohne Bezug zur Form – dadurch wirkt das Bild flach und die Raumwirkung geht verloren.
Richten Sie Ihre Schraffuren oder Farbverläufe an den Volumen aus: Wölbungen, Kanten, Vertiefungen – all das sollte durch Licht und Schatten nachvollziehbar sein.
Ein sehr anschauliches Beispiel für Volumen durch Kolorierung finden Sie in diesem Video:
https://www.youtube.com/watch?v=okGPV2NwujU
6. EINE EINHEITLICHE LICHTQUELLE SETZEN
Einer der häufigsten Fehler beim Volumenzeichnen ist eine inkonsistente Lichtquelle. Wenn Schatten und Lichter aus verschiedenen Richtungen kommen, verliert das Bild an Glaubwürdigkeit.
Legen Sie daher zu Beginn eine klare Lichtquelle fest – z. B. oben links – und richten Sie alle Schattierungen und Glanzlichter daran aus.
Falls Ihnen das schwerfällt: Beobachten Sie reale Lichtquellen (Sonne, Lampe, Kerze) und wie sie Volumen erzeugen. Kleine Studien dazu helfen enorm beim Verständnis.
Mit diesen sechs Tipps gewinnen Ihre Zeichnungen deutlich an Tiefe und Ausdruckskraft. Ich empfehle Ihnen, sich jeweils auf einen Aspekt zu konzentrieren, diesen gezielt zu üben – und sich erst dann den nächsten vorzunehmen. So werden Sie Schritt für Schritt sicherer darin, dreidimensional zu denken und zu zeichnen.
Ich hoffe, dieser Beitrag hat Ihnen gefallen und inspiriert Sie, beim nächsten Mal bewusst auf Volumen zu achten. 😊
Redakteurin und Illustratorin: Chloé Pouteau