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durch Liam

Ein Selbstporträt zeichnen lernen

Ein Selbstporträt zeichnen lernen

In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie eine der kompliziertesten und von vielen gefürchteten Übungen meistern können: ein Selbstporträt zu zeichnen.
Der Vorteil dieser Übung ist, dass – falls sie misslingt – nur Sie selbst sich darüber ärgern müssen und niemand sonst ...

Ich werde in diesem Artikel kein Selbstporträt von mir zeichnen, da es wenig Sinn ergeben würde. Sie müssen schließlich sich selbst zeichnen – nicht mich.

Stattdessen zeige ich Ihnen die verschiedenen Methoden, mit denen Sie ein möglichst realistisches Selbstporträt anfertigen können, sowie die Schritte, die Sie dabei beachten sollten.

Bevor Sie mit Ihrem eigenen Porträt beginnen, empfehle ich Ihnen, zunächst Porträts von anderen Menschen zu zeichnen. Üben Sie so viel wie möglich an Gesichtern – egal ob nach Fotovorlage oder im Beobachtungszeichnen.

Je mehr Gesichter Sie zeichnen, desto sicherer und entspannter werden Sie sich fühlen, wenn Sie sich schließlich selbst porträtieren.

 

 

 

Wenn Sie bereit sind, können wir beginnen. Falls Sie an einem Punkt nicht weiterkommen, zögern Sie nicht, eine Pause einzulegen und später weiterzumachen.

Zu lange an einer Zeichnung zu arbeiten, kann dazu führen, dass man den Blick fürs Ganze verliert und nur noch Fehler macht. Pausen helfen dabei, das Auge zu erfrischen – und denken Sie daran: Ein gutes Porträt braucht Zeit. (Es sei denn, Sie planen bewusst kurze, schnelle Sitzungen.)

Dieser Artikel richtet sich sowohl an traditionelle Zeichner (mit Bleistift, Fineliner, Kugelschreiber usw.) als auch an digitale Künstlerinnen. Die Methode bleibt dieselbe – lediglich das Werkzeug unterscheidet sich. Verwenden Sie das Medium, mit dem Sie sich am wohlsten fühlen.

 

WAS IST EIN SELBSTPORTRÄT?

Ein Selbstporträt ist ganz einfach ein Porträt, das die Künstlerin oder der Künstler von sich selbst anfertigt. Es kann bildlich (z. B. Zeichnung, Foto) oder literarisch (Autobiografie) sein.

Ein Selbstporträt zeigt, wie Sie sich selbst sehen – es kann realitätsnah sein oder künstlerisch verfremdet.

Fast alle Künstler*innen haben im Laufe ihres Lebens mindestens ein Selbstporträt gezeichnet. Für manche wurde es sogar zum zentralen Ausdrucksmittel ihrer Gefühle – wie etwa bei Frida Kahlo, Van Gogh, Rembrandt oder Picasso.

Man könnte auch sagen: Das Selbstporträt ist der Vorfahre des Selfies.

 

 

 

 

DIE METHODEN ZUM ZEICHNEN EINES SELBSTPORTRÄTS

Sie haben zwei Möglichkeiten:
Arbeiten nach Foto oder Zeichnen mit Spiegel.

Hier ist eine Tabelle, die die Vor- und Nachteile der beiden Methoden zusammenfasst.

 

 

Welche Methode Sie wählen, hängt von Ihrem Stil, Ihren Vorlieben und Ihrem Ziel ab. Im Folgenden erläutere ich beide Techniken:

 

METHODE 1: FOTO

 

 

Hierbei verwenden Sie ein Foto von sich selbst als Vorlage. Sie können entweder direkt nach Sicht zeichnen oder die sogenannte Rastermethode nutzen.

Rastermethode – kurz erklärt:
Zeichnen Sie ein Raster auf das Foto oder legen Sie ein transparentes Raster darüber.
Übertragen Sie dasselbe Raster auf Ihr Zeichenblatt.
Achten Sie darauf, dass die Maße und Proportionen exakt übereinstimmen – sonst verzerren Sie Ihr Porträt.
Übertragen Sie nun die Elemente des Fotos in das entsprechende Feld auf Ihrem Blatt – Feld für Feld, Stück für Stück.

 

 

Tipp:
Je feiner das Raster, desto präziser das Ergebnis. Anfänger*innen sollten lieber mehr Linien ziehen (aber nicht zu viele, sonst wird das Foto unübersichtlich).

Diese Methode ist besonders hilfreich, wenn Sie sich mit Proportionen noch schwertun.

 

 

 

METHODE 2: SPIEGEL

 

Wenn Sie mutig sind, wählen Sie diese – etwas anspruchsvollere – Methode.

Sie benötigen:

Einen gut beleuchteten Raum (am besten mit direktem Licht auf Ihr Gesicht),
Eine stabile Zeichenfläche (idealerweise eine Staffelei oder ein schräg gestellter Tisch),
Einen Spiegel, den Sie so aufstellen, dass Sie sich betrachten können, ohne sich zu verrenken.

 

 

So gehen Sie vor:


Beobachten Sie sich genau:
Nehmen Sie sich Zeit, um die Besonderheiten Ihres Gesichts zu erfassen – Gesichtsform, Augen, Nase, Augenbrauen, eventuell vorhandene Muttermale, Falten oder Brillen.

Wählen Sie eine einfache Pose:
Ein neutraler, leicht geneigter 3/4-Blick ist deutlich einfacher zu zeichnen als ein frontales Gesicht.

Beginnen Sie mit einer Skizze:
Zeichnen Sie locker die Grundform des Gesichts und platzieren Sie dann grob Nase, Augen, Mund.
Arbeiten Sie mit leichten Strichen, damit Korrekturen möglich sind.

 

 

 

 

Details beobachten und anpassen:
Achten Sie auf Ihre Gesichtszüge – vermeiden Sie es, zu viele Linien für Falten zu zeichnen, besonders wenn Sie jung sind. Ausdrucksfalten sollten lieber über Licht und Schatten dargestellt werden.


Schritt für Schritt erweitern:
Zeichnen Sie nun Ohren, Hals, Schultern und schließlich das Haar.
Verstärken Sie anschließend die Linien, die im Vordergrund stehen (z. B. Lippen, Nase, Augen).


Schattieren und modellieren:
Wenn Sie noch nicht geübt im Schattieren sind, konzentrieren Sie sich auf die auffälligsten Licht-Schatten-Kontraste.


Tipp: Kneifen Sie die Augen leicht zusammen, um die wichtigsten Hell-Dunkel-Bereiche zu erkennen.

 

 

 

Um zu testen, ob es gelungen ist, zeigen Sie es ruhig anderen – erkennen sie Sie wieder?

Ein Selbstporträt zu zeichnen ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Es ist oft schwieriger als das Zeichnen fremder Gesichter, denn man setzt sich intensiv mit sich selbst auseinander. Das kann konfrontierend, aber auch befreiend sein.

Wichtig: Üben Sie regelmäßig – auch in kleinen, schnellen Sitzungen. Zeichnen Sie sich z. B. fünf Minuten lang, ohne Radiergummi. So trainieren Sie Ihre Beobachtungsgabe, Ihre Schnelligkeit und das Vertrauen in Ihre Linie.

Mit der Zeit werden Sie merken: Ihr Gesicht wird Ihnen immer vertrauter – bis Sie es schließlich ganz ohne Spiegel oder Foto zeichnen können.

 
Wenn Sie mögen, legen Sie direkt los – Ihr Selbstporträt wartet schon.

 

 

Illustratorin und Redakteurin: Coralie