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durch Tristan de Dessindigo

Die Bedeutung des Lichts beim Zeichnen

Die Bedeutung des Lichts beim Zeichnen

Man hört oft davon, wie wichtig es ist beim Zeichnen die Lichtverhältnisse zu berücksichtigen. Als Anfänger fragt man sich vielleicht: „Ist Licht wirklich so wichtig?“ Das ist eine durchaus berechtigte Frage. In diesem Artikel wollen wir uns daher näher damit befassen, ob Licht tatsächlich so wichtig ist und vor allem, welche verschiedenen Funktionen es beim Zeichnen erfüllt.


Licht sorgt für Volumen (3D-Effekt)

Beim Zeichnen ist  das Licht, was einem Motiv Volumen und Tiefe verleiht. Ohne Licht bleibt ein Objekt nur eine flache Silhouette – ohne Dimensionen. Erst durch Licht erkennen wir die Form und Struktur der Dinge um uns herum.

Nimm zum Beispiel eine Kugel: Ohne Licht ist sie einfach nur ein Kreis. Aber wenn Licht von einer Seite kommt und auf der anderen ein weicher Schatten entsteht – voilà! Der Kreis wirkt plötzlich dreidimensional. Durch das gezielte Spiel mit Licht und Schatten kannst du Volumen erzeugen und Kurven oder Kanten deines Motivs stärker betonen.

Licht hebt die Oberflächenstruktur hervor

Licht beeinflusst auch die Art, wie wir Materialien in einer Zeichnung wahrnehmen. Mit „Material“ ist die Oberflächenstruktur gemeint – ob glatt, rau, glänzend, weich usw. Schon eine einfache Lichtquelle kann Seide glatt und schimmernd wirken lassen oder einen Stein grob und körnig erscheinen lassen. Erst durch Licht werden solche Unterschiede sichtbar und die Feinheiten von Texturen spürbar.

Beleuchtest du zum Beispiel einen Holzgegenstand, bringt das Licht die Fasern, Maserungen und Unebenheiten der Oberfläche zum Vorschein. Ein Gesicht, das von weichem, indirektem Licht erfasst wird, wirkt gleichmäßig und glatt – bei hartem Licht treten dagegen Hautdetails stärker hervor, was ein Gefühl von Rauheit oder Spannung erzeugt. Mit gezieltem Einsatz von Licht, Schatten und Reflexionen kannst du die Textur von Materialien realistisch nachbilden und deinen Zeichnungen mehr Tiefe und Greifbarkeit verleihen.


Licht schafft Atmosphäre

Licht ist eines der wirkungsvollsten Mittel, um die Stimmung in einem Kunstwerk zu erzeugen. Je nachdem, wie du es einsetzst, kann die Atmosphäre deiner Zeichnung komplett verändern – sei es eine sonnige Tagesszene oder ein dramatischer Sonnenuntergang. Licht macht auch sofort deutlich, ob eine Szene tagsüber oder nachts spielt.

Stell dir eine Landschaft vor, die von warmen, goldenen Licht umgeben ist – wie bei Sonnenuntergang. Dieses weiche, einladende Licht erzeugt eine ruhige, friedliche Stimmung. Beleuchtest du dieselbe Szene hingegen mit kühlem, bläulichem Licht, wirkt sie sofort distanzierter, kälter, vielleicht sogar bedrohlich. Auch die Anzahl der Lichtquellen spielt eine große Rolle: Ein Raum, der nur von Neonröhren erhellt wird, vermittelt eine ganz andere Atmosphäre als einer, der von Kerzen beleuchtet wird.

Oft neigt man dazu, beim Zeichnen nur gelbes oder weißes Licht zu verwenden, um eine bestimmte Stimmung zu erzeugen, aber wir empfehlen dir, verschiedene Lichtfarben auszuprobieren. Dies wird deine Zeichenarbeit enorm bereichern. Du kannst auch mit zwei Lichtquellen experimentieren, um den Kontrast zwischen beiden zu verstärken.

Licht erzählt eine Geschichte

Dieser Aspekt steht in direktem Zusammenhang mit dem vorherigen: Licht schafft nicht nur eine bestimmte Atmohphäre, sondern hat sogar die Kraft, Geschichten zu erzählen: Manche Szenen benötigen weder Worte noch weitere Details, um eine klare Botschaft zu vermitteln. Licht kann viel über die Tageszeit, den emotionalen Zustand des Motivs oder sogar die Absicht des Zeichners verraten. Die Lichtgebung in einer Zeichnung lenkt den Blick des Betrachters, lenkt seine Aufmerksamkeit auf ein Detail oder schafft im Gegenteil Schattenbereiche, in denen man das Geheimnisvolle erahnen kann.

Nehmen wir das folgende Beispiel: Dieselbe Szene kann sich je nach Licht völlig verändern. In Bild Nr. 1 erscheint der Hirsch relariv normal. Es entsteht der Eindruck einer zufälligen Begegnung bei Sonnenuntergang mit dem Wildtier, das überrascht ist. In Bild Nr. 2 wirkt der Hirsch dagegen fast mystisch: er wird durch diesen ungewöhnlichen und seltsamen Lichtkegel besonders hervorgehoben. In Bild Nr. 3 wirkt der Hirsch erneut mystisch, aber diesmal hat die Atmosphäre eine ganz eigene magische Dimension, da das Licht von ihm selbst zu kommen scheint. In Bild Nr. 4 erscheint die Szene fast etwas bedrohlich, mit einem dystopischen Licht, das von hinten in den dunklen Wald herainstrahlt, mit dem Hirsch im Schatten, als wäre er eine Art Bote.

Um eine Geschichte zu erzählen und deine Komposition zu bereichern, muss das nicht immer direkt über das Licht geschehen. Du kannst stattdessen gezielt mit Schatten arbeiten. Im folgenden Beispiel tragen die Schatten im Vordergrund zur Bildkomposition bei – sie rahmen das Dorf im Zentrum ein und unterstützen gleichzeitig die Erzählung. Man bekommt den Eindruck, dass sich hinter dem Betrachter mehrere Bäume außerhalb des Bildausschnitts befinden. Das verankert die Szene in einem größeren, glaubwürdigen Kontext.

Einige Tipps zur Verwendung von Licht in deinen Zeichnungen

Hier sind einige Tipps, die wir dir empfehlen, damit du mit der Lichtgebung in deinen Zeichnungen spielen kannst. Du wirst sehen, dass es sich dabei oft um Tricks handelt, die auch Profis verwenden, um mit Hilfe von Licht ihren Bildern mehr Ausdruckskraft  zu verleihen.

- Identifiziere die Lichtquelle: Wenn du verstehst, woher das Licht kommt, kannst du Schatten und Licht strukturieren und deinen Zeichnungen mehr Volumen verleihen.

- Lenke die Aufmerksamkeit: Licht lenkt den Blick auf wichtige Bereiche deiner Zeichnung und hebt Schlüsselelemente hervor.

- Passe die Farbtemperatur an: Warmes Licht (gelb, orange) vermittelt Wärme, während kaltes Licht (blau, weiß) eine kühlere oder geheimnisvollere Atmosphäre schafft.

- Experimentiere mit Schatten: Variiere die Weichheit oder Schärfe von Schatten, um deiner Zeichnung mehr Realismus und Tiefe zu verleihen.

- Erzeuge Struktur mit Licht : Licht bringt die Struktur von Oberflächen (rau, glatt) zum Vorschein. Wenn du dies beherrschst, verleihst du deinen Werken mehr Authentizität.

- Vernachlässige Reflexionen nicht: Glänzende oder nasse Oberflächen reagieren anders auf Licht als trockene und sorgen für Komplexität und Lebendigkeit.

- Verstärke Emotionen: Weiches Licht sorgt für eine sanfte Atmosphäre der Gelassenheit, hartes Licht verstärkt Drama oder Geheimnisvolles.

- Beginne mit einfachen Übungen: Zeichne zunächst eine Kugel unter verschiedenen Lichtverhältnissen, um das Zusammenspiel von Licht und Schatten besser zu verstehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Licht beim Zeichnen viel mehr ist als nur eine Frage der Technik. Es spielt eine Schlüsselrolle bei der Schaffung von Volumen, der Hervorhebung von Texturen, der Schaffung einer bestimmten Atmosphäre und sogar beim Erzählen einer Geschichte. Wenn Sie beginnen, mehr Lichteffekte in Ihre Zeichnungen zu integrieren, werden Sie besser verstehen, wie Licht mit jedem Element Ihrer Zeichnung interagiert. Es ist Licht, das Ihre Kreationen zum Leben erweckt und jedem Strich Tiefe, Emotion und Bedeutung verleiht. In diesem Artikel haben Sie verstanden, dass die richtige Beleuchtung beim Zeichnen mehr als nur wichtig, sondern unerlässlich ist.

Ich hoffe, dieser Artikel hat dir gefallen! 😊