Licht und Schatten - So zeichnen Sie realistisch
Hallo zusammen,
heute widmen wir uns einem der wichtigsten Grundpfeiler des Zeichnens: dem Spiel von Licht und Schatten. Mithilfe von Hell-Dunkel-Kontrasten lassen sich Volumen, Materialien, Transparenz und sogar ganze Bildkompositionen darstellen. Kurz gesagt: Licht und Schatten sind überall und absolut essenziell!
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WAS BEDEUTET TONWERT?
Beim Kolorieren – egal ob analog oder digital – unterscheiden wir drei Hauptkategorien:
- Farbton: Die Art der Farbe (z. B. Rot, Blau, Grün ...)
- Sättigung: Gibt an, wie intensiv oder blass eine Farbe ist. Je höher der Pigmentanteil, desto kräftiger wirkt sie.
- Tonwert (auch: Helligkeitswert): Beschreibt, wie hell oder dunkel eine Farbe ist. In der traditionellen Malerei muss man sich vorstellen, welchem Grauton eine Farbe entspricht.
Hier unten sind 3 verschiedene Farben mit ihren verschiedenen Parametern auf der rechten Seite. Die obere Linie entspricht dem Farbton, die mittlere der Sättigung und die untere dem Tonwert.
All diese Kategorien sind unerlässlich, wenn man eine Zeichnung in Farbe erstellen möchte. Um jedoch das Verständnis von Schatten und Licht zu vereinfachen, werden wir uns ausschließlich auf den Tonwert konzentrieren – also auf das Zeichnen in Graustufen.
Dabei kann man die Farbtheorie außer Acht lassen, um zum Wesentlichen zu kommen: Alles, was weiß oder hellgrau ist, ist ein Lichtbereich, alles, was schwarz oder dunkelgrau ist, ist ein Schattenbereich.
Das Beobachten von Tonwerten hilft dabei, besser zu verstehen, wie ein Bild funktioniert. Auch wenn unser Blick oft von Farben oder Bewegung angezogen wird, tragen Licht und Schatten entscheidend zur Wirkung und Spannung eines Bildes bei.
In dem Moment, in dem wir diese Bilder in Schwarz-Weiß umwandeln, ist es sofort offensichtlicher.
Im Beispiel 1: Die Lichtquelle befindet sich oben rechts und hebt den Zauber des Charakters hervor. Die gegenüberliegende Ecke bleibt dunkel, was Dynamik erzeugt.
Im Beispiel 2: Ein zentraler Block wird stark kontrastiert: Sehr helles Licht trifft auf tiefen Schatten – dadurch wirkt der Block massiv und prägnant.
Im Beispiel 3: Es gibt zwei Lichtquellen. Ein Hauptlicht (rechts) beleuchtet das Gesicht, ein schwächeres Licht (links) modelliert die Schattenpartie und verleiht Tiefe.
DIE GRUNDLAGEN VON LICHT UND SCHATTEN
Zuerst muss immer identifiziert werden, woher die Hauptlichtquelle (oft die Sonne) kommt. Sie erzeugt eine Zone direkten Lichts auf dem Objekt sowie eine Reflexion. Der gesamte Teil, der nicht dem Licht ausgesetzt ist, wird daher logischerweise im Schatten liegen. Das Licht der Lichtquelle beleuchtet das Objekt, aber auch die anderen Elemente und ein sehr geringer Teil dieses Lichts wird vom Objekt reflektiert.
Schließlich erzeugt dasselbe Objekt einen Schatten, der im Allgemeinen etwas unschärfer ist.
Man kann feststellen, dass je näher die Lichtquelle ist, desto stärker kontrastiert wird das gesamte Objekt (Grautöne tendieren mehr zu Weiß und Schwarz) und desto härter werden die verschiedenen Trennungen zwischen direktem Licht und Schatten sein.
Hier ist ein kleiner Trick, um herauszufinden, wo Sie den Schlagschatten eines Objekts platzieren sollten: Definieren Sie zunächst, wo Ihre Lichtquelle ist, und ziehen Sie dann eine gedachte Linie, die von der Spitze Ihres Objekts zum Boden verläuft. Der gesamte Bereich zwischen Ihrem Objekt und diesem Aufprallpunkt wird der Schlagschatten sein.
LICHT, SCHATTEN UND VOLUMEN ZEICHNEN
Es ist kein Geheimnis: Volumen entsteht durch die gezielte Verteilung von Licht und Schatten. Dabei bestehen Flächen nicht einfach aus einem Grauton, sondern aus feinen Abstufungen.
Wenn wir das untenstehende Beispiel nehmen, sehen wir auf Bild 1 dieselben grauen Ellipsen, die durch die Art und Weise, wie das Licht wiedergegeben wird, identisch erscheinen, auf Bild 2 jedoch erscheint eine davon hohl und die andere gewölbt.
Wir werden uns mit grundlegenden Volumen beschäftigen, um zu sehen, wie das Licht auf sie fällt.
Um Licht realistisch darzustellen, ist es wichtig, sich an eine klare Logik zu halten und die Form des Objekts im Blick zu behalten. Viele Formen lassen sich auf einfache Grundkörper zurückführen:
Kegel: Mit runder Basis und spitzer Form. Licht verteilt sich in Dreiecken, die von der Spitze zur Basis verlaufen.
Würfel (bzw. Quader): Eine Fläche ist hell (direktes Licht), eine mittelhell (Halbschatten), eine dunkel (Kernschatten).
Zylinder: Oben eine helle Ellipse, die Seiten sind in weichen Abstufungen von hell bis dunkel gezeichnet.
Kugel: Besonders anspruchsvoll, da die Form schnell flach wirkt. Wichtig sind weiche, kreisförmige Übergänge und ein kleines Reflexlicht.
Wenn Sie Schwierigkeiten haben, Graustufen abzustufen, um Licht und Schatten richtig darzustellen, lade ich Sie ein, dieses Video anzuschauen:
Sobald Sie dieses Prinzip verstanden haben, wird es einfacher, Licht und Schatten auf jede Art von Volumen anzuwenden. Nehmen wir das Beispiel eines komplexen Volumens wie unten:
1 & 2: Diese Form kann in zwei verschiedene Volumen unterteilt werden, einen Zylinder, der oben einen Ring bildet, und eine Art Quader, der unten als Basis dient. Der obere Teil verhält sich also wie ein klassischer Zylinder, das Licht verteilt sich in einer abgerundeten Form, und der untere Teil wie ein klassischer Quader, wobei sich das Licht flächenweise verteilt.
3: Anschließend beobachten wir, wo sich die Hauptlichtquelle befindet.
4: Nun zeichnen wir die Schattenbereiche ein.
5: Als Letztes tragen wir die Graustufen auf, verwischen die Übergänge und verleihen so dem Volumen Leben.
ÜBUNG: STILLLEBEN AUS GRUNDFORMEN ZEICHNEN
Eine der klassischsten Übungen, um Volumen gut zu zeichnen und somit Schatten und Licht zu verstehen, besteht darin, verschiedene Volumen wie bei einem Stillleben nachzubilden. Im Internet finden Sie sehr viele Referenzfotos.
Wählen Sie ein Referenzbild (z. B. mit Kugel, Würfel, Pyramide).
Zeichnen Sie die Umrisse frei Hand – ohne Fluchtpunkte.
Beobachten Sie: Wo liegt der stärkste Schatten, wo sind sanfte Übergänge, wo Lichtpunkte?
Beginnen Sie mit den mittleren Grautönen. Setzen Sie dann gezielt dunklere Schatten. Ich werde einige Lichtpunkte oben rechts auf der Kugel, am linken Winkel des Würfels und am oberen rechten Winkel der Pyramide hinzufügen. Dies wird den Kontrast verstärken und lässt die Form plastisch wirken.
Wiederholen Sie die Übung mit unterschiedlichen Formen, um sicherer zu werden.
ÜBUNG: MATERIALIEN DARSTELLEN
Wenn Sie verstehen, wie Licht und Schatten funktionieren, können Sie auch verschiedene Materialien zeichnerisch darstellen – etwa Holz, Stoff, Metall oder Glas. Beobachtung ist dabei das A und O.
Wenn wir das Beispiel von Holz nehmen, sehen wir die verschiedenen Arten, wie sich das Licht ausbreitet. Im untenstehenden Beispiel breitet sich das Licht entsprechend den verschiedenen Flächen des Volumens aus. Wir beobachten auch Unregelmäßigkeiten auf dem Material, zum Beispiel einen großen Riss, bei dem ein Teil vollständig im Schatten liegt und der andere Teil das Licht einfängt. Außerdem sehen wir ein sich wiederholendes Muster - hier Streifen.
Um dieses Material auf den Würfel zu übertragen, werde ich all diese verschiedenen Elemente zeichnen. Zunächst zeichne ich einen einfachen Würfel mit einer Seite im Licht, einer Zwischenseite und einer im Schatten.
Fügen Sie Vertiefungen oder Risse hinzu. Die kleinen Risse erhalten noch weniger Licht als die im Schatten liegenden Flächen, also stelle ich sie in einem noch dunkleren Grau dar. Zeichnen Sie dann das Maserungsmuster der Holzstruktur.
Diese Methode ist einfach, aber effektiv. Je mehr Details und Tonwertabstufungen Sie einbauen, desto realistischer wird das Material wirken.
Hier sind einige Beispiele unten von verschiedenen Materialien, die nur unter Verwendung der Tonwerte dargestellt sind.
Wer Licht und Schatten versteht, kann Tiefe, Volumen und Atmosphäre in seine Zeichnungen bringen. Die Grundlagen helfen Ihnen nicht nur bei realistischen Darstellungen, sondern auch bei stilisierten oder experimentellen Arbeiten.
Ich hoffe, dieser Artikel hat Ihnen gefallen! 😊
Wenn Sie tiefer in das Thema einsteigen möchten, empfehle ich Ihnen den Grundlagenkurs: https://dessindigo.com/zeichnungsunterricht/grundlagen-des-zeichnens
Verfassung und Illustration: Louis Grieves