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durch Liam

Farbe in der Kunst: Wie man Farben richtig einsetzt beim Zeichnen

Farbe in der Kunst: Wie man Farben richtig einsetzt beim Zeichnen

In diesem Artikel besprechen wir die grundlegenden Konzepte, die notwendig sind, um mit Farbe zu zeichnen. Sie fragen sich vielleicht, worum es genau geht? Ganz einfach: Es geht um die Bestandteile der Farbe – ihren Farbton, ihre Sättigung, ihren Wert – sowie um Eigenschaften wie die Körnung, die je nach Material unterschiedlich ausfallen kann. Auch die Kontraste, die beim Mischen von Farben entstehen, sind entscheidend.

Bevor wir ins Detail gehen, sind einige Begriffsdefinitionen nötig.

 

WAS IST FARBE? - EINE DEFINITION

Farbe ist die visuelle Wahrnehmung des Aussehens einer Oberfläche oder eines Lichts. Sie basiert auf der spektralen Zusammensetzung des Lichts, das bestimmte Nervenzellen in der Retina – die sogenannten Zapfen – stimuliert. Diese Impulse werden vom Nervensystem bis zum visuellen Kortex weitergeleitet und verarbeitet.

Farbe lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln beschreiben – künstlerisch, chemisch, physikalisch, physiologisch oder psychophysikalisch. In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf den künstlerischen Ansatz, also darauf, wie Künstlerinnen und Künstler Farbe wahrnehmen und Pigmente nutzen, um Farberlebnisse darzustellen oder hervorzurufen.

Farbe kann dabei durch folgende drei Hauptmerkmale beschrieben werden:

- Farbton – die Farbe selbst, z. B. Rot, Grün oder Blau
- Wert – die Helligkeit bzw. Lichtintensität der Farbe
- Sättigung – die Reinheit oder Leuchtkraft der Farbe

 

DER FARBTON

Der Begriff Farbton bezeichnet eine bestimmte Farbnuance. Im Alltag wird dafür meist einfach „Farbe“ gesagt, etwa: „blau“, „grün“ oder „violett“. Doch im Farbkreis sind Farbtöne in einer ganz bestimmten Reihenfolge angeordnet – entsprechend ihrer physikalischen Eigenschaften.

 

 

 

 

Ein Beispiel: Isaac Newton untersuchte im 17. Jahrhundert die Brechung von Licht und entdeckte, dass sich weißes Licht in Violett, Blau, Grün, Gelb und Rot aufspalten lässt – das sogenannte Lichtspektrum.

Interessanterweise fehlt im natürlichen Spektrum die Farbe Magenta. Sie entsteht erst durch Mischung von Blau und Violett mit einem Hauch Rot – also durch subjektive Wahrnehmung.

 

 

 

Der Farbton ist jener Aspekt, auf den wir am empfindlichsten reagieren – allerdings ist diese Empfindlichkeit kulturell geprägt. In westlichen Kulturen etwa erkennen wir schon kleinste Unterschiede im Farbton sehr schnell, was unter anderem daran liegt, dass wir viele Begriffe für ähnliche Nuancen besitzen.

 

 

 

DER FARBWERT 

Der Wert beschreibt die Lichtintensität einer Farbe. Ein einfaches Beispiel: Wenn Sie mit Tusche malen und diese stark mit Wasser verdünnen, entsteht ein helles Grau – der Wert nimmt ab. Unverdünnte Tusche ergibt ein tiefes Schwarz mit hohem Wert.

Ein praktischer Trick: Wenn Sie die Augen leicht zusammenkneifen, reduzieren Sie das einfallende Licht und sehen Farben eher als Helligkeitsstufen – dabei werden die farbunempfindlichen Stäbchenzellen aktiv, die uns Unterschiede in der Lichtintensität besser erkennen lassen.

Beachten Sie: Zwei völlig unterschiedliche Farben können denselben Wert haben. Wenn man ein Farbbild in Schwarzweiß konvertiert, verschwinden die Farbinformationen – übrig bleibt der Wert.

 

 

EIGENWERTE REINER FARBEN

 

 

 

 

 

Jede Farbe hat einen sogenannten Eigenwert, also einen Helligkeitswert, den sie von Natur aus besitzt. Im Farbkreis sind diese Werte nicht berücksichtigt – dort steht die Komplementarität im Vordergrund.

DIE WERTE DES FARBKREISES

 

 

 

 

 

 

In vereinfachten Darstellungen des Farbkreises lässt sich jedoch erkennen, welche Farben einen helleren oder dunkleren Eigenwert haben. Dunkle Farben behalten ihre Reinheit meist am Rand des Kreises, während helle Farben weiter nach innen rücken.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DIE SÄTTIGUNG

Die Sättigung beschreibt die Reinheit oder Leuchtkraft einer Farbe. Eine Farbe mit 100 % Sättigung enthält keinerlei Weiß, während eine Farbe mit 0 % Sättigung zu einem neutralen Grau wird.

Beispiel: Ein kräftiges Orange verliert bei reduzierter Sättigung nach und nach seine Farbwirkung – es wird bräunlich, dann taupefarben und schließlich grau. Taupe oder Mauve sind Farben mit niedriger Sättigung. Apfelrot oder Zitronengelb stehen für hohe Sättigung.

Sättigung beeinflusst auch die Wirkung von Bildern:

Übermäßig gesättigte Farben wirken schnell grell und unnatürlich.
Sehr entsättigte Bilder können dagegen blass, aber stimmungsvoll sein.
Ein realistischer Stil bewegt sich oft im Bereich von 10–80 % Sättigung, bevorzugt 30–60 %.
Für stilisierte oder cartoonartige Zeichnungen kann der Bereich auf 5–90 % erweitert werden.

Hier ist eine Sättigungsskala einer Farbe, um besser zu verstehen, was das ist:

 

 

 

 

 

Um die Bedeutung der Sättigung zu verstehen, schlage ich zwei Extreme vor:

 

 

Auf diesem ersten Bild sind die Farben in der Sättigung übertrieben. Tatsächlich verliert man schnell den Realismus der Dinge, wenn die Sättigung auf das Äußerste getrieben wird, und das Bild kann schnell unangenehm werden.

 

 

 

Während das zweite Bild etwas blass und an Sättigung arm ist, bleibt es dennoch angenehm für das Auge. Tatsächlich müssen Sie bei der Erstellung Ihrer Zeichnungen einen guten Mittelweg finden.

 

 

 

 

Wenn Sie eine eher realistische Zeichnung anfertigen möchten, wie zum Beispiel Malerei nach einem Modell, Landschaftsmalerei oder ein Konzeptkunstwerk für einen Film, wird Ihre Farbwahl sicherlich mehr zu den entsättigten Farben neigen. Falls Sie jedoch Zeichnungen in einem eher stilisierten, cartoonartigen oder fantasievollen Stil machen wollen, wird die Balance eher mehr in Richtung Farbsättigung gehen. Natürlich sollten Sie Extreme vermeiden.

 

Hier ist der Aktionsradius, den man für realistische Zeichnungen verwenden kann:

 

Wenn wir eine Sättigungsskala von 0 bis 100 verwenden, wobei 100 die maximale Sättigung und 0 die maximale Entfärbung darstellt, sollten wir uns für eine realistische Zeichnung auf 10% bis 80% beschränken, wobei eine durchschnittliche Sättigung von 30% bis 60% bevorzugt wird.

 

 

 

Und umgekehrt, um eine stilisierte, cartoonartige Zeichnung zu erstellen, erweitern Sie Ihre Palette von 5% auf 90%, wobei Sie einen Durchschnitt von 50% bis 70% bevorzugen.

 

 

 

Hier ist, was mit dem Grauwert passiert, wenn eine Farbe entsättigt wird. Nebenstehend zwei Beispiele, die die Sättigung zusammenfassen.

 

 

 

 

Um Farbe richtig zu zeichnen:

 

Zunächst definieren wir den Wert der Objekte, die wir zeichnen möchten.

In einem zweiten Schritt definieren wir den Farbton und die Sättigung jedes Objekts.

In einem dritten Schritt definieren wir Schatten und Licht.

 

ZUSAMMENSPIEL VON FARBE, LICHT UND SCHATTEN

Neben Farbton, Wert und Sättigung spielen Lichtführung, Schatten und Textur eine entscheidende Rolle in der Farbwahrnehmung. Die Atmosphäre eines Bildes – etwa düster, fröhlich oder mystisch – beeinflusst ebenfalls die Farbwahl.

Ein Beispiel für den typischen Ablauf in der digitalen Illustration (z. B. nach David Harrington):

- Skizze
- Definition der Werte (Helligkeit)
- Festlegen von Farbton und Sättigung
- Ausarbeitung von Licht und Schatten

 

Quelle: https://www.artstation.com/artwork/d36QX

 

 

 

FARBSTIMMUNG UND ATMOSPHÄRE

Die Atmosphäre eines Bildes kann durch gezielte Licht- und Farbgestaltung stark beeinflusst werden. Künstlerinnen wie Claire Hummel zeigen, wie sich mit identischen Motiven durch veränderte Lichtstimmungen völlig andere Wirkungen erzielen lassen.

 

 

 

Ebenso zeigt Stefano Scuccimarra, wie die gezielte Farbauswahl emotionale Tiefe erzeugt. Das Zusammenspiel aus Farbton, Wert und Sättigung verleiht der Illustration Leben und Balance.

 

Quelle: https://www.artstation.com/artwork/nZNgE

 

 

Wir können feststellen, dass die Bilder ein bestimmtes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Farben aufweisen, das durch die Kombinationen zwischen ihnen entsteht.

 

 

DIE VERSCHIEDENEN FARBKOMBINATIONEN

Zuerst haben wir 3 Primärfarben, nämlich Blau, Rot und Gelb. Sie werden auch als elementar bezeichnet, da sie nicht durch Mischen anderer Farben hergestellt werden können. Siehe Abbildung 1. Werden sie miteinander gemischt, erhält man die Sekundärfarben Orange, Violett und Grün. Siehe Abbildung 2.

 

Abbildung 1

 

 

 

Abbildung 2

 

Wir haben eine breitere Palette von Farben:

 

 

Dann haben wir auch primäre und sekundäre Farben gemischt, um eine Unendlichkeit von tertiären Farben zu erhalten. Zum Beispiel: Gelb und Orange ergibt gelborange, Rot und Violett geben rotviolett und so weiter. Um dies besser zu verstehen, veranschaulichen wir es durch eine weitere Abbildung:

 

 

DER FARBKREIS UND DIE FARBTEMPERATUR

Auf den vorherigen Abbildungen können wir sehen, dass die Farben einen Kreis bilden, den wir als Farbkreis bezeichnen werden.

 

 

 

Wir stellen fest, dass wir den Farbkreis in zwei Teile zerlegen können: auf der einen Seite die warmen Farben und auf der anderen Seite die kalten Farben, wie wir auf dieser rechten Abbildung sehen können.

 

 

Hier ist ein Beispiel dafür, wie Andrey Egorov die Verwendung von warmen und kalten Farben in einem Bild umsetzt. Wir werden sehen, dass man die Farben auf verschiedene Weisen kombinieren kann. Wir haben die Kombination nach Farbtemperatur gesehen, warm und kalt. Kommen wir zu den Komplementärfarben.

 

KOMPLEMENTÄRFARBEN

Eine Komplementärfarbe steht stets im Gegensatz zu ihrer Bezugsfarbe. Zur Veranschaulichung: Wählt man auf dem Farbkreis die Farbe Gelb, so liegt ihre Komplementärfarbe – also ihr direktes Gegenüber – bei Violett. Ebenso verhält es sich bei Blau, dessen Komplementärfarbe Orange ist, und so weiter.

 

 

 

 

 

 

 

ANALOGE FARBEN

Eine weitere Möglichkeit der Farbkombination besteht darin, benachbarte Farben auf dem Farbkreis zu verwenden. Diese sogenannte analoge Farbpalette wirkt besonders harmonisch, da sie Farben mit ähnlichem Farbton vereint. Die enge Verwandtschaft der Töne schafft ein stimmiges Gesamtbild. Ein Beispiel verdeutlicht dieses Prinzip besonders anschaulich.

 

 

 

 

DIE TRIADISCHEN FARBEN

Triadische Farbschemata entstehen, indem drei gleichmäßig verteilte Farben auf dem Farbkreis gewählt werden. Sie bieten einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Kontrast und Harmonie. Durch dieses ausgewogene Verhältnis wirken triadische Paletten besonders ansprechend für das Auge. Visuell lässt sich dieses Prinzip als gleichseitiges Dreieck auf dem Farbkreis darstellen.

 

 

 

 

 

 

Dieses Beispiel veranschaulicht eindrucksvoll die Anwendung triadischer Farben in einem gestalterischen Konzept. LeeJee demonstriert hier, wie sich die drei Farben zu einer harmonischen Gesamtwirkung verbinden. Die sorgfältige Farbauswahl verleiht dem Bild Ausdruckskraft und Lebendigkeit.

 

Quelle: https://huaban.com/pins/308224129/zoom/

 

 

DAS EINFARBIGE FARBSCHEMA

Eine weitere Möglichkeit der Farbkombination ist das monochrome Schema oder auch Farbverlauf genannt. Es besteht aus hellen, mittleren und dunklen Abstufungen derselben Grundfarbe. Wichtig dabei ist, dass sich die einzelnen Nuancen deutlich genug voneinander unterscheiden, um visuell wahrgenommen zu werden. Das Ergebnis ist ein ruhiger, klarer und zugleich eleganter Gesamteindruck.

 

 

 

Dieses Beispiel von Exphrasis zeigt eindrucksvoll die Wirkung einer monochromen Farbgestaltung. Die Szene wirkt kühl, beinahe leblos – möglicherweise sogar etwas eintönig –, und dennoch bleibt das Bild visuell ansprechend. Genau diese Art von Stimmung und Zurückhaltung kann ein monochromes Farbschema hervorrufen

 

 

 

Zum Abschluss dieses Artikels fassen wir die behandelten Konzepte zusammen. Alle vorgestellten Prinzipien dienen dazu, einer Illustration, einem Konzept, einem Charakterdesign oder einer Umgebung eine stimmungsvolle Atmosphäre zu verleihen. Dabei eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten, diese Atmosphäre mithilfe verschiedener Farbkombinationen gezielt zu gestalten.

 

 

 

Zum Abschluss möchte ich Ihnen ein letztes Beispiel an die Hand geben, um das zuvor Erläuterte zu verdeutlichen. Das Konzept von Ming Fan zeigt anschaulich die verschiedenen Schritte, die bei der Erstellung einer farbigen Illustration zu beachten sind.

 

 

 

 

 

 

Redakteurin: Laure-Hélène